Bier und Schokolade:
Wir haben getastet

Themenmonat Schokolade & Bier, Teil 3

Text:
Alexander Kuhlmann

Photography:
Sebastian Brand

6 März 2019

Ganz in der Nähe des Bochumer Bermudadreiecks – einem der beliebtesten Szeneviertel des Ruhrgebiets – liegt das Biermuda, ein Paradies für Kenner ausgefallener Bierspezialitäten. Der perfekte Ort, um unsere Schokolade mit ein paar hopfigen Freunden bekannt zu machen. Also haben wir uns mit einem Rucksack voll Schokolade auf den Sattel geschwungen und mit Inhaber Max (Titelbild Mitte) das Experiment gewagt: Bier und Schokolade – passt das? Was passt? Was kann passend gemacht werden? Kommt mit auf eine feuchtfröhliche Genussreise und entdeckt unsere fünf Pairing-Highlights...

SÜSS & SAUER

Auf das Sahnehäubchen kommt die Kirsche zuletzt, bei uns macht sie den Anfang. Und zwar in Form des belgischen „Lindemans Kriek“, einem jungen Lambic Beer, bei dem Kirschen aus brauereieigenem Anbau direkt im Brauprozess mit dem Bier vergoren werden. Die Auswahl der passenden Schokolade fällt nicht schwer. Zu leicht und fruchtig passt herb und sauer, sprich unsere ‚Rote Dame‘ „Edel Bitter Cranberry“. Und Tatsache. Sie macht nicht nur optisch eine gute Figur. Der prickelnden Brausigkeit des eisgekühlten Mischbiers mit moderatem Alkoholgehalt setzt die Schokolade einen erdenden, säuerlich-fruchtigen Deckel auf und drosselt das Zusammenspiel zu einem einzigartigen Beeren-Potpourri. Kalt, fruchtig, schokoladig – perfekt für einen lauen Sommerabend auf der Terrasse.

KRAFT & SANFTMUT

Nach dem fruchtig-leichten Start schwenken wir direkt über zu einem kräftigen Doppelbock. Dunkel, malzig, elegant – das „Speziator dunkel“ des Augsburger Traditionsbrauhauses Riegele. Hier entpuppte sich tatsächlich unsere zarte „Weiße Vanille“ als die perfekte Partnerin. Verblüffender Weise gelingt es der Schokolade, die malzige Süße des Biers zu einer völlig neuen kaffeeartigen Aromatik zu verändern. Feine Nuancen von Walnuss und Kräuterbonbon tauchen auf und werden im Grande Finale abgelöst von der eleganten sinnlichen Bourbon-Vanille der Schokolade. Ein unglaublich tolles Zusammenspiel mit leichten Tendenzen einer Crème brûlée.

EIS & FEUER

In der dritten Runde vereinen wir raue Nordwinde mit der feurigen Lebendigkeit des Südens und schicken hierfür mit dem „Nordik Porter“ Eisbock von Störtebeker das erste Bio-Bier in die Runde. Hinzu gesellt sich unsere „Edel Bitter Chili“ mit einem Edelkakaograd von 70 % und feurigen Chili-Flocken. Das Ergebnis: Faszinierend. Schokolade und Bier gehen vom ersten Moment an ein harmonisches Zusammenspiel ein. Herbe Kakaonoten treffen auf charaktervolle Bierstärke. Röstaromen, dunkle Braumalze, Nuancen von Backpflaumen – und am Ende die feurige Krönung des Chilis, die fiebrig aus dem kraftvollen Aromenspiel hervortänzelt. Unser absolutes Tasting-Highlight!

INSELCHEN & INSELSTAAT

Wie unterschiedlich Rügen und die Dominikanische Republik sind, wird bereits an dem folgenden Pärchen deutlich. Umso überraschender, wie beide Pole sich ergänzen und den gemeinsamen roten Faden finden. Mit dem „Baltic Stout“ der Insel-Brauerei geht ein charakterstarkes Dunkelbier ins Rennen, das stolz den „World Beer Award 2016“ auf der breiten Brust trägt. Dem setzen wir unseren Klassiker „Feine Bitter 71%“ entgegen. Das Bier: Rauchig, röstig, cremig, allein vom Biergeschmack her schon schokoladig. Dazu die Schokolade: Süßlich-herb, leichte Noten von Trockenfrüchten. Das passt wohl! Rauch und Röstmalz werden von der Fruchtigkeit des Kakaos flankiert. Eine Symbiose, die nach Wiederholung verlangt!

HIMMEL & ERDE

Und nun zum Endgegner. Mit 11,3 % Alkohol ist das „Trappistes Rochefort 10“ ein Schwergewicht, basierend auf einer 415 Jahre alten Rezeptur. „Deus lo vult“ (Gott will es!) würden wahrscheinlich die belgischen Brauereimönche der Abtei Notre-Dame de Saint-Rémy über ihr Sortiments-Flaggschiff sagen. Und sie haben Recht. Bierfans weltweit loben diesen Tropfen in den Himmel und schätzen sein komplexes Bouquet von dunklen Früchten, Malz, Schokolade und Kaffee. Den hohen Alkoholgehalt merkt man kaum. Wir setzen dem Aromenreigen mit unserer „Dunklen Vollmilch“ einen ebenso komplexen Partner zur Seite, mit bodenständiger Souveränität des milden Panama-Kakaos und karamelligen Noten des Kokosblütenzuckers. Die Schokolade untermalt die malzige Toffee-Seite des Biers und intensiviert den ohnehin schon facettenreichen Genuss. Ein altes Pärchen, das sich langsam vor dem Kamin niederlässt – und gemütlich sitzen bleibt. Definitive Empfehlung!

Unsere Erkenntnis am Ende: Denkt man an die Paarung von Schokolade und Bier, vermutet man vielleicht zunächst, dass – so wie beim Wein – eher die dunkleren Sorten funktionieren dürften. Doch unser kleines Foodpairing hat gezeigt, dass es auf den Kakaograd gar nicht mal so sehr ankommt. Es sind eher die kleinen Besonderheiten, die die Akzente setzen: Saure Früchte oder Gewürze, wie Chili und Vanille, waren in unserem kleinen Test die Lunte, die die Geschmacksbombe gezündet hat. Überraschend! Auch für Max, den Experten.

Verschollen im Biermuda

Das Biermuda – für die einen ein tolles Bierfachgeschäft, für die anderen eine wahre Fundgrube an den exotischsten Bierspezialitäten der Welt, in der sich der Bierversteher am liebsten tagelang einnisten würde. Ein Ort, an dem die Globalisierung noch funktioniert. Ob Belgien, Großbritannien, Skandinavien, die Vereinigten Staaten und, na klar, schwerpunktmäßig natürlich Deutschland – auf 100 m² vereint sich hier die Creme de la Creme der Bierzunft zu einem genussgeladenen Miteinander. Inhaber Max Zellmer hat mittlerweile über 500 Biersorten aus aller Welt zusammengebracht. Da fällt das Entscheiden schon mal schwer. Nicht nur für den Laien. Fragt man den 35-jährigen Bochumer nach seiner Lieblingsbiersorte, ist es, wie wenn man einen passionierten Plattensammler nach seiner Lieblingsband fragt. Es gibt nicht die eine. Wohl aber Lieblingsstile. IPA, Helles und Imperial Stout, da ist sich Max schnell klar. Seit Herbst 2015 existiert das Biermuda an der Pforte des berüchtigten Bermudadreiecks in Bochum, fußläufig nur 2 Minuten vom Bochumer Hauptbahnhof entfernt. Keine Frage, dass regelmäßige Biertastings hier zum guten Ton gehören und gerne angenommen werden. Die Fanbase wächst, was zeigt, dass der große Craftbeer-Hype noch lange nicht vorbei ist. Und schon öffnet sich die Tür und herein stolpern zwei niederrheinische Frohnaturen der Mönchengladbacher Hensen-Brauerei, mit einer frischen Lieferung. „Sorry Jungs, mit denen muss ich erst mal ein bekacktes Foto machen…!“, sagt Max augenzwinkernd und verschwindet zwischen aufgetürmten Störtebeker-Kästen. Bier(glück)seligkeit nach deutschem Reinheitsgebot.

 

Leider musste das Biermuda in Bochum im Jahr 2019 schließen.
Inhaber Max Zellmer teilt nun sein Bierwissen gerne in der Bierothek Dortmund mit euch.

 

UPDATE: The Biermuda is back!
Nach einigen Jahren in Dortmund ist Max mit seinem Biermuda im Sommer 2024 nach Bochum zurückgekehrt. Wir freuen uns sehr! Fortan versorgt er euch am neuen Standort – ganz zentral in der Bochumer Innenstadt – mit einer großen Auswahl der besten Hopfenkaltschalen. Hier geht’s zum Biermuda 2.0

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