Foodpairing:
Schokolade & Tee

Interview mit Tee-Expertin Jennifer Swann von Teajhana

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
© Katja Herold

29 November 2024

Foodpairings sind wortwörtlich in aller Munde. Auch Schokolade eignet sich als besonders hochwertiges und feines Genussmittel mit facettenreichen Aromenwelten hervorragend für die Kombination mit anderen Spezialitäten. Egal ob Wein, Whisky oder sogar Bier – Schokolade kennt viele neue Wege der Geschmacksentfaltung. Eine weitere lohnenswerte Kombination ist das Pairing von Schokolade und Tee. Tee-Sommelière Jennifer Swann teilt in einem ausführlichen Interview ihr Expertenwissen mit uns und gibt viele Tipps zu einer gelungen Schokolade-Tee-Verkostung.

VIVANI

Liebe Jennifer, zum Einstieg: Du bist seit Jahren mit Herz und Seele in Sachen Tee unterwegs. Erzähle uns doch, wie es dazu kam. Gab es da eine Art Schlüsselmoment für dich?

Jennifer Swann

Meine Teereise begann mit dem leuchtend grünen Pulver aus Japan, welches mich wie magisch anzog. Die Rede ist von Matcha.

Im Jahr 2013 reiste ich das erste Mal für mehrere Monate nach Japan. Während ich ein paar Wochen bei einer Gastfamilie auf dem Land verbrachte, kam ich das erste Mal mit dem Ritual des achtsamen Matcha-Genusses in Berührung. Nicht nur die tiefen Geschmacksnuancen des gemahlenen Tees, sondern auch die zeremonielle Zubereitung mit dem Bambusbesen faszinierte mich.

2016 reiste ich erneut nach Japan, um auf der Teefarm „Kyoto Obubu Tea Farms“ ein Praktikum zu machen. Nachdem ich sechs Monate von früh bis spät mit Tee in Berührung war, ließ mich die Faszination an der fernöstlichen Pflanze nicht mehr los.

VIVANI

Tee in Kombination mit Schokolade – wer Tee-Sommelière / -Sommelier werden möchte, beschäftigt sich schon in der Ausbildung mit diesem Food-Pairing. Was ist das Besondere an dieser Kombination, warum passen gerade Tee und Schokolade (bzw. Kakao) so gut zusammen?

Jennifer

Tee und Schokolade sind zwei Nahrungsmittel, die uns ein wohliges Gefühl geben. Nicht von ungefähr wird die Zubereitung und der Verzehr der beiden Rohstoffe in ihren Ursprungsländern in einer Zeremonie zelebriert. Der bewusste Genuss regt die Sinne an und sorgt für ein Erlebnis der Entspannung. In China sagt man über Tee, dass er die Augen wieder zum Leuchten bringt und Schokolade hat bekanntlich den Ruf, glücklich zu machen. Das liegt unter anderem an dem gemeinsamen Inhaltsstoff Theobromin. Dieses Alkaloid hat eine leicht euphorisierende und entspannende Wirkung. Es führt dazu, dass wir uns beim Verzehr nach Kakao oder Tee gelöster fühlen können.

VIVANI

Ganz konkret: Wie läuft denn eine Tee-Schokoladen-Verkostung ab? Gibt es einen speziellen Ablauf? Was muss beachtet werden?

Jennifer

Eine feste Regel gibt es nicht. Bei der japanischen Teezeremonie zum Beispiel wird eine Süßigkeit komplett verzehrt, bevor der dickflüssige Matcha als herzhafte Gegenkomponente folgt.

Um Zuhause das Maximale aus einem Pairing zu kitzeln, nimmt man erst ein paar Schlucke des frisch aufgegossenen Tees. Der Geschmack bleibt unverfälscht und wärmt den Mund. Jetzt kommt die Schokolade der Wahl ins Spiel. Diese wird langsam auf der warmen Zunge geschmolzen. Alle Aroma-Facetten entfalten sich im gesamten Mundinnenraum. Das Fett der Schokolade bildet einen Film auf der Zunge, der als Träger für den Tee dient. Beim anschließenden Trinken reagiert der Tee mit der Schokolade. Übrigens darf der Tee gerne geschlürft werden. Durch den zusätzlichen Sauerstoff können mehr Aromen wahrgenommen werden. Im besten Fall potenzieren sich beim Pairing die Geschmäcker der beiden Akteure. Es kann aber auch gut sein, dass gerade der Kontrast der Geschmacksfacetten interessant ist und zum Erlebnis wird.

VIVANI

Für den Einsteiger: Welche Sorten Tee und Schokolade eignen sich gut für die ersten Verkostungen? Gibt es so etwas wie Standardkombinationen oder entscheidet hier vor allem der eigene Geschmack?

Jennifer

Beginne mit deinem Lieblingstee oder mit deiner Lieblingsschokolade. Weil dir die Geschmäcker von diesem Tee oder der Schokolade schon vertraut sind, hast du einen Anhaltspunkt - von dort kannst du dich weiter vorarbeiten. Zudem empfehle ich mit den klassischen Schokoladensorten zu starten – Weiß, Vollmilch und Zartbitter. Auch wenn es verschiedene Kombinationen gibt, die besonders gut zusammenpassen, gibt es kein Richtig und kein Falsch. Letztendlich kommt es auf deinen Geschmack an. Der Spaß und der Genuss stehen im Vordergrund.

Es gibt aber ein paar Kombinationen, die in der Regel gut funktionieren:

Hochwertige weiße Schokolade ist geschmeidig und cremig. Das allgemeine Prinzip besteht darin, Süßes mit Süßem zu kombinieren. Aber es gibt auch einige wirklich abwechslungsreiche Kombinationen mit einem bitteren Gegenspieler. Beispiele dafür sind Jasmintee, Darjeeling, Griechischer Bergtee, Zitronengras oder -verbene.

Vollmilchschokolade in allen Variationen ist am vielseitigsten für die Kombination mit Tee. Sie passt gut zu Chai, Assam, chinesischem Schwarztee, gerösteten Tees (Oolongs, Hojicha, Genmaicha), Rauchtee und Minztee.

Zartbitterschokolade ist weniger süß und schwerer. Hier empfiehlt sich etwas Liebliches, Tee mit Röstung oder dunkler Tee, wie etwa Schwarztee aus China und Japan, dunkle Oolongs, weißer Tee. Dunkle Schokolade mit Nüssen passt zu einem erdigen Puerh.

VIVANI

Du kennst unserer VIVANI-Schokoladen schon seit Langem. Hast du einen guten Pairing-Tipp für uns?

Jennifer

Die weiße Vanille passt hervorragend zu einem hochwertigen Matcha. Ein minderwertiger Matcha von grauer oder gelber Farbe schmeckt nur bitter und ist scharf auf der Zunge. Der richtige Matcha – der nur etwas herb, dafür aber reich an Aminosäuren ist – bringt in Kombination mit der weißen Schokolade ein wahres Feuerwerk zustande. Süße Vanille trifft auf herzhafte Umami-Komponente.

VIVANI

Kakaoschalentee – ist diese Spielart von Tee aus deiner Sicht eine lohnenswerte Kombination, wenn es ums Thema Foodparing geht, oder bleiben hier die einzigartigen Aromen beider Zutaten eher auf der Strecke?

Jennifer

Tatsächlich empfehle ich die Kombination nicht. Die Aromengruppen von Tee und Schokolade gehen hier in dieselbe Richtung und bringen meiner Meinung nach keinen wesentlichen Mehrwert.

„Wie kann man Tee lieben ohne den Baum? Wie kann man den Baum lieben ohne den Wald?“

VIVANI

Mit den letzten Fragen wenden wir uns etwas vom Thema Pairing ab. Stichwort Bio: Für uns als nachhaltige Marke sind ökologische Rohstoffe ein zentrales Herzstück unserer Philosophie, das man schmecken kann. Wie schaut es im Tee-Sektor aus? Gibt es auch hier eine Bewegung hin zu mehr Nachhaltigkeit? Und: Schmeckt man das?

Jennifer

Zu dieser Frage fällt mir ein Zitat von einem Tee-Meister, den ich in Taiwan kennengelernt habe, ein:

„Wie kann man Tee lieben ohne den Baum? Wie kann man den Baum lieben ohne den Wald?“

Ursprünglich hatten die Menschen eine sehr enge Bindung zu ihren Teebäumen. In Yunnan, der südlichen Provinz Chinas, verehrt man diesen Baum schon seit Jahrtausenden als die wichtigste medizinische Pflanze. Dementsprechend kümmern sich die Ethnien vor Ort um ein intaktes Ökosystem und gesunde Bäume, die nicht mit unnatürlichen Stoffen behandelt werden.

Ab Mitte des letzten Jahrhunderts setzten immer mehr Bauern weltweit, wie überall in der Agrarindustrie, auf Spritz- und Düngemittel. Darunter leidet die Umwelt und die Menschen, die tagtäglich mit dem Tee in Berührung sind. Da Tee im Westen zum Trendprodukt wird und die Nachfrage nach biozertifizierten Tees steigt, stellen immer mehr Bauern und Teeplantagenbesitzer auf eine nachhaltige Produktion um. Der Fokus dieser Erzeuger liegt dann oft auf dem Export in den Westen. In unseren Regalen sieht man das. Das Angebot an Biotee steigt stetig. Es gibt viele Kleinbauern, die aus Überzeugung und Tradition auf jegliche Hilfsmittel verzichten. Diese Unternehmen müssen nicht unbedingt ein Biosiegel tragen. Wer Interesse an naturbelassenen Tees hat, der sollte Ausschau nach kleinen Produzenten halten oder auf das Biosiegel zurückgreifen.

VIVANI

Auch wenn du diese Frage wahrscheinlich regelmäßig gestellt bekommst, möchten auch wir wissen: Tee im Beutel – ein No-Go?

Jennifer

Was ich jedem ans Herz lege, egal ob es um Teezubereitung oder die Teewahl geht: Lass dich nicht verunsichern. Trinke den Tee so, wie du selbst ihn am liebsten hast.

Natürlich gibt es zwischen Teebeutel und losem Tee einen wahnsinnigen Unterschied. Die meisten und besten Teesorten sind auch nicht im Beutel erhältlich. Wer die Welt des Tees in seiner Tiefe ergründen möchte, dem empfehle ich eine kleine Kanne mit integriertem Sieb zu kaufen und mit losem Tee zu experimentieren. Der Weg zur persönlich perfekten Zubereitung kann große Freude bereiten. Es gibt so viel zu entdecken. Aus Tee jedoch eine Religion oder ein Dogma zu machen, davon rate ich ab.
Der Teebeutel ist eine praktikable Zubereitung und erfüllt auch seinen Zweck. Es ist kein Geheimnis, dass sich die Aromen im Beutel nicht vollständig entfalten können und dass die Blattqualität im Schnitt unter der des losen Tees liegt. Aber auch hier gibt es Entwicklung. Die Teebeutel werden immer besser.

VIVANI

Zum Schluss, wie immer bei uns, die Schoko-Frage: Was ist deine Lieblings-(VIVANI) Sorte?

Jennifer

Da muss ich nicht lange überlegen. Das ist die Dunkle Vollmilch mit 50-prozentigem Kakaoanteil. Die Schokolade ist weniger süß im Vergleich zur normalen Vollmilch. Die Aromen des Kakaos kommen optimal zur Geltung. Vollendet wird das Geschmackserlebnis durch eine dezente Karamellnote. Die rührt vom Kokosblütenzucker, der anstelle von Rübenzucker zum Einsatz kommt. Dazu trinke ich am liebsten einen gerösteter DongDing Oolong aus Taiwan.

Unsere Interview-Partnerin

Jennifer Swann ist Japanologin und ausgebildete Tee-Sommelière. Während eines Japanaufenthaltes entdeckte sie ihre Leidenschaft für Tee. Sie vertiefte ihr Wissen in diversen Praktika, Schulungen und Auslandsaufenthalten, z. B. in Japan, China und Taiwan. Nach jahrelanger Erfahrung im Bereich der Tee-Sommelier-Ausbildung (Berliner Tee Akademie) und der Unterstützung diverser Projekte, machte sie sich im September 2024 mit ihrer eigenen Tee-Akademie „Teajhana“ selbstständig, mit der sie Tee-Sommeliere im Fernunterricht ausbildet.

www.teajhana.de

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