Unser Wald –
zwischen Faszination
und Problemen

Kraftort, Kurort, Rohstofflager - die vielen Gesichter des Waldes

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
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8 Oktober 2020

Wir schauen hinein in unsere europäischen Wälder. Wie ist es um den Wald bestellt, was kann man im und aus dem Wald machen? Was bringt uns der Wald, ist Wald überhaupt noch modern? Taucht mit uns ein in das Blättermeer und entdeckt den Wald 2020 – mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Wald – Oh und Weh

Wald – allein das Wort beschwört unzählige Bilder herauf. Grün, Blätter, schräger Lichteinfall auf dampfendem Untergrund in den diesigen Morgenstunden. Hinzu kommen Gerüche – feuchte Blätter, die Würze der Nadelbäume und das leicht modrige Aroma des Unterholzes. Untermalt mit den Stimmen der vielen unterschiedlichen Vögel, dem Rauschen des Windes in den Blättern und dem Murmeln versteckter Bächlein. Soweit das verklärte Idealbild. Doch in der Realität sieht es in unseren europäischen Wäldern leider ganz anders aus. Die traurigen Stichworte Waldsterben und Abholzung gesellen sich zu einer zunehmenden Entfremdung von der Natur in unserer westlichen Highspeed-Gesellschaft. Somit wird der Wald zu einem Ort der Kontraste. Wie der Wind in den Kronen ein Wechselspiel zwischen Licht und Schatten erzeugt, ist auch der Wald ein Spielball der unterschiedlichen Interessen. Die einen suchen ihn als Sehnsuchts-, Rückzugs- und Ruheort auf, die anderen sehen ihn als reine Profitquelle. Und damit nicht genug. Klimawandel mit viel zu trockenen Sommern setzten dem Wald neben Umweltbelastungen und Schädlingen noch obendrein ziemlich zu.

Was bleibt? Nicht viel. Und doch einiges. Auf der einen Seite muss „Wald“ als Konzept neu gedacht werden. Dazu gehören Aufforstungen mit alternativen Baumarten, die den Herausforderungen des Klimawandels besser gewachsen sind. Auch der Naturschutz im Allgemeinen ist ein großes Thema, das trotz anderer Weltkrisen wie Corona nicht ruhen darf. Denn die Zahl der ursprünglichen Urwälder sinkt gefährlich, und das nicht nur im Bereich der tropischen Regenwälder.

Wald 2.0: Waldbaden und Co.

Auf der anderen Seite wird der Wald in den letzten Jahren zunehmend als Faszinosum wiederentdeckt. Quer durch die Geschichte ist er seit jeher mit einer mystischen und mythischen Bedeutung belegt. Heilige Orte, Geschichten von Fabelwesen und Hexen – wo, wenn nicht im Wald? In unserer modernen Zeit muten die alten Geschichten eher abergläubisch an und verschieben sich immer weiter in das Reich der Legenden und Märchen. Eine weitere Funktion des Waldes, die jedoch genauso ursprünglich ist, rückt dafür zunehmend in den Fokus: der Wald als Ort der Gesundheit. Altes Kräuterwissen wird beispielsweise in der Aroma- oder Gemmotherapie wiederentdeckt, die Teile der Medizin und Naturheilkunde sind. Aber nicht nur der Körper, auch der Geist können vom Aufenthalt im Wald profitieren. Spezielle Therapien bis hin zu pädagogischen Programmen nutzen den Wald gleichsam als Therapeuten. Auf die Spitze treibt es zweifelsohne das medizinisch anerkannte Therapiekonzept „Shinrin Yoku“ aus Japan, das hierzulande besser als „Waldbaden“ bekannt ist. Hierbei wird der Wald bei intensiven Spaziergängen bewusst mit allen Sinnen wahrgenommen. Die stärkste Ausprägung ist das von vielen belächelte Umarmen von Bäumen. Doch viele Studien aus Japan haben die heilsame und präventive Wirkung von Shinrin Yoku bereits erwiesen. Unsere schnelllebige Leistungsgesellschaft bringt Stress, Reizüberflutungen und dadurch nicht zuletzt viele Erkrankungen mit sich – der Wald kann helfen, den entwurzelten Menschen wieder zu erden.

Fazit: Der Wald in seiner ursprünglichen Form kann ein Erholungs- und Kraftort sein. Wird er sich selbst überlassen, zeigt er wie kaum ein anderer Ort den ewigen Kreislauf von Gedeihen und Vergehen. Der Erhalt dieses Inspirationsquells der Menschheit ist elementar wichtig. Dazu ist jeder Einzelne im Rahmen seiner Möglichkeiten aufgerufen, z. B. kann man Baumpatenschaften übernehmen, Projekte im Rahmen von Aktionstagen (Tag des Waldes, Tag des Baumes) unterstützen und die Umwelt durch einen nachhaltigen Lebensstil schützen. Die weltweiten Aufgaben im Zusammenhang mit Waldsterben und Abholzungen sind gigantisch und durchaus demotivierend. Dennoch lohnt sich hier jeder Tropfen auf den guten alten heißen Stein, damit vom Wald in Zukunft nicht nur einzelne Bäume bleiben.

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