Brügge sehen…
…und naschen

Ein schokoladiger Reisebericht

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
Alexander Kuhlmann
Choco-Story Brügge
Choco Jungle Bar

27 April 2016

Wer schon einmal in Brügge war, dem wird es nicht schwer fallen, diese wunderschöne, bis heute in ihrem mittelalterlichen Glanz erhaltene Stadt mit wenigen Worten zu beschreiben: Belfried, Grachten, verzauberte Gassen, Bier und natürlich SCHOKOLADE! Es gibt ganze Straßenzüge, da reiht sich Spitzen-Chocolaterie an Spitzen-Chocolaterie, das Who’s Who der weltberühmten belgischen Artisan-du-Chocolat-Szene hat hier seinen Sitz – oder zumindest die eine oder andere Zweigfiliale. Welche Shops sind empfehlenswert, wo kann man gute Pralinen und andere Schokospezialitäten kaufen und welche Highlights mit schokoladigem Vorzeichen bietet dieses Venedig des Nordens noch? Mein Mann Alex und ich haben Brügge vergangenes Wochenende besucht und die aus unserer Sicht besten Tipps für euch zusammengestellt.

BRÜGGES BESTE CHOCOLATERIEN

The Chocolate Line (by Dominique Persoone)

Eindrucksvoll, innovativ, cool – der Beitrag zu Brügge und seinem Schokowahnsinn muss einfach mit dem weltberühmten Chocolatier Dominique Persoone und seiner Chocolaterie The Chocolate Line beginnen! Der Spitzen-Chocolatier, der seit 1992 sein Geschäft in Brügge betreibt, verfolgt ein umfassendes Konzept. Der Kakao stammt von seiner eigenen Plantage in Yucatan, Mexico und wird dort in traditioneller Weise umweltfreundlich und naturnah angebaut. Er pflanzt Kakaobäume, unterstützt Projekte für bedrohte Tierarten, erzeugt nebenbei noch Honig und Gewürze, hat eine eigene Schokoladenfabrik in Brügge und ist, wenn es um Kunst und Innovation geht, stets sofort zur Stelle. Weltbekannt hat ihn sein Chocolate Shooter gemacht, eine Schokoladenschnupfmaschine, die ursprünglich für eine Geburtstagsparty der Rolling Stones kreiert wurde. Ob Schokoladenlippenstifte, Massageschokolade oder Pralinen mit Hanfsamen oder Wasabi – beim selbsternannten Shock-O-Latier Dominique ist Schokolade Rock’n’Roll. Ein absolutes Muss in Brügge! Tipp: Unbedingt mal die hauseigenen Melo’Choc probieren. Traumhafte Schaumküsse mit knusprigem Keksboden und Nougat-Kern.

Adresse: Simon Stevinplein 19

Dumon Chocolatier

Ebenfalls 1992 begann die Chocolaterie Dumon mit ihrem Begründer Stephan Dumon ihre steile Karriere nach oben. Qualität und Geschmack der feinen Pralinen und Trüffel ließ das Unternehmen florieren, sodass es mittlerweile fünf Filialen, darunter drei in Brügge, führt. Wir besuchten das Geschäft am Eiermarkt. Das urige, winzige, alte Häuschen ist so klein, dass die Hälfte des Sortiments quasi im Keller zu begutachten ist. Man sollte sich eine Pralinenbox zusammenstellen lassen, um einen Überblick über die leckeren Sorten zu bekommen.

Adressen:
Eiermarkt 6
Simon Stevinplein 11 (Simon Stevinsquare)
Walstraat 6

Mary Chocolaterie

In Brügge befindet sich auch eine Filiale der bekannten Brüsseler Chocolaterie Mary. Die 1919 von Mary Delluc begründete Chocolaterie verfügt mittlerweile über 10 Verkaufshäuser, darunter 6 (!) in Brüssel und sogar eines in den USA. Wer den Laden von außen sieht und dann betritt, wird einem klassisch-edlen Ambiente begegnen, in dem Schokoladenträume wahr werden. Ob eine große Auswahl an feinsten Pralinen oder anderer Kostbarkeiten – hier schlägt das Schokoladenherz höher. Dies macht sich allerdings auch im etwas erhöhten Preis bemerkbar. Probiertipp: Die Hauspraline Mary – ein Traum aus karamellisierter Haselnuss, Mandel und Nougatstückchen!

Adresse: Katelijnestraat 21

Pralinette

1992 muss etwas Magisches in der Brüggener Luft gelegen haben, denn bereits die dritte Chocolaterie aus diesem Beitrag eröffnete in diesem Jahr. Spitzen-Chocolatier Fangio De Baets setzt auf traditionelle Handarbeit in seiner Chocolaterie Pralinette in der Wollestraat, nahe dem berühmten Glockenturm Belfried. Wie in einer gläsernen Chocolaterie kann man im hinteren Teil des Ladens die kleinen Conchiermaschinen bei der Arbeit beobachten. Alles, was man hier kaufen kann, wird auch hier in Handarbeit produziert. Am besten man bestellt sich eine hausgemachte, heiße Schokolade und setzt sich damit vor die Glasscheibe, um den Chocolatiers bei der Arbeit zuzuschauen. Für 2,50 € ein Spitzenpreis im teuren Brügge.

Adresse: Wollestraat 31b

Chocolates & Happiness

Brandneu strahlt dem Besucher der Schokoladenladen von Chocolates & Happiness, der erst vor ganz kurzer Zeit zentral in Brügge eröffnet hat, entgegen. Die ästhetische Inneneinrichtung, die ganz in schwarz und pink gehalten ist und von zwei üppigen Kronleuchtern geziert wird, lädt einfach zum Reinkommen ein. Drinnen gibt es sehr leckere Pralinen, Schokoladen und Co. sowie die freundliche Bedienung durch die Inhaber persönlich. Dieser neuen Chocolaterie sollte man inmitten der vielen, alteingesessenen auf jeden Fall eine Chance geben – wer weiß, was noch aus ihr werden wird?!

Adresse: Wollestraat 16

Truffelhuisje

Zu guter Letzt ein Tipp für alle Freunde des gepflegten Gags. Zentral in einer Seitenstraße des Marktplatzes, nur ein Katzensprüngchen entfernt vom Belfried, liegt das kleine Truffelhuisje. Wenn man nicht genau hinschaut, kann man es leicht mit einem Souveniershop verwechseln, es verkauft aber leckere Pralinen und Co. Besonderer Spaßfaktor: Hier gibt es neben allerlei seltsam dreinblickenden Hohlfiguren auch in Schokolade abgeformte Geschlechtsmerkmale. Ob für die Dame, den Herrn oder beide zusammen – das Mitbringsel für die Verwandtschaft ist gesichert.

Adresse: Sint-Amandsstraat 3

WAFFELN UND CO. - BELGISCHE SPEZIALITÄTEN MIT SCHOKOLADE

Echte Belgische Waffeln sind eine gesamtbelgische Spezialität. Während die Lütticher Tradition eher auf süß und fettig setzt, hatten wir es in Brügge wohl mit der Brüsseler Variante zu tun. Sie ist nur sparsam gesüßt, megaknusprig und in unserem Fall war sie auf jeden Fall XXL! Der Insider-Tipp für Belgische Waffeln in Brügge lautet definitiv Lizzie’s Wafels (Sint Jakobsstraat 16). Die riesigen Waffeln bestellt man am besten mit einer „Beilage“, wie es in Belgien üblich ist. Sahne, frische Erdbeeren, Eis und vor allem die hausgemachte Schokoladensauce sind eine köstliche Ergänzung des Waffelschmauses. Einziger Wermutstropfen: Mit ca. 10 € pro Person ein teures Vergnügen. Auch als Sparfuchs kommt man leider nicht weiter, denn wenn man sich das gigantische Waffelwerk teilen möchte, zahlt man für das zweite Besteck, das man auch unbedingt braucht, 2 € extra.

Ebenfalls im Lizzie’s – auch hier etwas teuer aber seinen Preis wert – kann man wunderbar heiße Trinkschokolade genießen, ein weiteres Muss auf der Liste der landestypischen Spezialitäten. Man kann zwischen weißer, dunkler und Vollmilch-Schokolade wählen. Serviert wird ein Glas aufgeschäumte Milch und eine zauberhafte Schokoladenblüte, die mit Schokoladenraspeln gefüllt ist. Man schickt die Blüte nun selber auf Tauchgang und kann beobachten, wie sie langsam in der Milchgischt versinkt – Chocolate Dreams!

Richtig sündig wird es, betritt man das Aux Merveilleux de Fred, das zentral am Eiermarkt 3a in Brügge liegt. Hier gibt es, wie der Name vermuten lässt, die Patisserie-Spezialität, die unter dem Namen „Merveilleux“ oder auch „Astridje“ bekannt ist. Sechs wundervolle (das ist die Bedeutung des französischen Wortes) Kreationen in zwei Größen warten darauf, probiert zu werden. Sie bestehen aus Baiser (Meringuen), Sahne und weiteren Zutaten wie Nüssen oder Schokolade. Auch die Meringuen an sich und darüber hinaus Brioches (Hefegebäck) werden in dem Laden mit dem riesigen Kronleuchter und klassischem Ambiente verkauft. Firmengründer Frédéric Vaucamps konnte bereits 10 Filialen seiner Patisserie eröffnen, darunter drei in Belgien und eine in den USA.

Neben den belgischen Klassikern gibt es auch allgemeine Spezialitäten, die man unbedingt einmal mit echter belgischer Schokolade probieren sollte. So natürlich Schokoladeneis, aber auch schokolierte Früchte, wie z. B. Erdbeeren. Beides haben wir bei der großen Schokoladenkette Godiva (Wollestraat 12; weitere Filiale: Markt 10) getan und es nicht bereut.

SCHOKOLADENMUSEUM UND SCHOKOBAR

Choco-Story

An jeder Ecke lassen sich in Brügge die feinsten Schokoladenkreationen probieren. Grund genug, sich auch mit der Geschichte und den Herstellungsverfahren der süßen Kostbarkeit zu befassen. Im Museum Choco-Story erfährt man auf drei Etagen in einem historischen Gebäude aus dem 15. Jahrhundert alles, was man aus 2.600 Jahren Schokoladengeschichte wissen muss. Dabei wird auch ein besonderer Blick auf die Entwicklung der Schokolade in Belgien geworfen. Welche Zutaten eine Schokolade braucht, wie die Herstellung funktioniert und industriealisiert wurde, erfährt man natürlich auch. Im Probierzentrum kann man sich die Herstellung sogar live anschauen und leckere Schokolade probieren.

Adresse: Wijnzakstraat 2 (Sint-Jansplein)

Choco Jungle Bar

Am Ende dann noch ein Tipp aus dem Bereich Eventgastronomie, den wir leider nicht mehr besuchen konnten, euch aber dennoch ans Herz legen möchten. Alle, die nachspüren wollen, wie heiße Schokolade früher bei den Azteken, Maya oder im europäischen Adel des 17. Jahrhunderts getrunken wurde, sollten sich in die Vlamingstraat zur Choco Jungle Bar begeben. Man kann hier viele verrückte Dinge tun, wie z. B. in Baumhäusern sitzen, sich seine heiße Azteken-Schokolade nach dem Sonnenkalender würzen oder in spezielle Maya-Becher pusten, um den typischen Schaum zu erzeugen. Natürlich gibt’s hier auch Waffeln, Pfannkuchen und andere Spezialitäten wie Muffins, Cocktails oder frische Smoothies. Sooo schade, dass wir es nicht mehr geschafft haben… ein Grund, wiederzukommen!

Adresse: Vlamingstraat 31

Unser Fazit

Neben der wundervollen Märchenatmosphäre zwischen Kanälen und mittelalterlichen Prachtbauten hat Brügge in puncto Schokolade unglaublich viel zu bieten. Ein langes Wochenende ist kaum ausreichend, um alles zu erkunden. Man sollte sich aber darauf einstellen, dass man nie allein die Schönheit der Stadt genießen kann, denn 3,5 Millionen Touristen bei gerade einmal etwa 20.000 Einwohnern im historischen Kern Brügges machen sich leider stark bemerkbar. Auch mutet es seltsam an, dass es kaum verkehrsberuhigte Bereiche gibt, sodass man am Belfried nicht nur auf Fahrradfahrer, Segways und Pferdekutschen Acht geben muss. Zu Themen wie Bio, Fair und Nachhaltig findet sich in Brügge leider sehr wenig. Überall wird die Qualität und sorgsame Auswahl der Rohstoffe für die Schokolade betont. Anbaubedingungen und Umweltschutz werden kaum thematisiert, am ehesten noch bei Innovateur Dominique Persoone. Woran liegt das? Es lässt sich vermuten, dass sich das Geschäft mit den Touristen und ein guter internationaler Ruf immer noch rentieren. Man darf gespannt sein, ob und wann aufgrund der drängenden, weltweiten Themen ein Ruck durch die belgische Schokoladenszene gehen wird…

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