Eine Auszeit von Schokolade…?

Über die Geschichte des Fastens und seine verschiedenen Formen

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
istock Petermeir, istock Dominic_Dahncke

10 März 2017

Vor gut einer Woche wurde mit dem Aschermittwoch nicht nur die Karnevals-Session beendet, sondern auch für viele katholische Christen die Fastenzeit eingeläutet. Doch was hat es eigentlich mit dem Thema Fasten auf sich? Warum verzichten Menschen freiwillig auf Nahrungsmittel, ohne dass es sich um eine Diät handelt? Die Tradition des Fastens ist Jahrtausende alt und verfolgt verschiedene Ziele zwischen Erleuchtung und Entschlackung. Auch wenn es im ersten Moment sehr widersprüchlich und für uns als Schokoladenhersteller geschäftsschädigend erscheint, befasst sich unser Schoko-Blog heute mit dem Brauch und den Vorteilen des temporären Weglassens – auch von Süßigkeiten.

Eine Definition des Begriffes Fasten ist nicht schwer. Es handelt sich um einen zeitlich begrenzten Verzicht auf bestimmte Speisen, Getränke und Genussmittel. Doch das ist auch die einzige Gemeinsamkeit, die die etlichen verschiedenen Fastenmodellen vereint, denn Fasten ist individuell. Fasten findet aus den unterschiedlichsten Beweggründen statt, alleine oder in verschiedenen Gemeinschaften, wie etwa religiösen Gruppen. Selbst innerhalb der gleichen Religion kann es unterschiedliche Auslegungen und Traditionen geben. Wann, wie lange auf wie viel und was genau verzichtet wird, ist sehr verschieden.

Fasten – verschiedene Traditionen vereint im Nahrungsmittelverzicht

Fastentraditionen waren bereits viele Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung bekannt, etwa im alten Ägypten. Forscher vermuten, dass die christlich-österliche Fastenzeit von 40 Tagen nicht nur auf die Bibelgeschichte von Jesus in der Wüste zurückgehen könnte, sondern auf die ägyptische Fastenkultur, die von den koptischen Nachfahren bewahrt wurde. Auch in anderen antiken Kulturen war Fasten nicht unbekannt. So gab der berühmte griechische Arzt Hippokrates von Kos (ca. 460 – 370 v. Chr.) wie selbstverständlich Fastenratschläge als Gesundheitstipp. Im europäischen Mittelalter war die Tradition des Fastens aufgrund des starken christlichen Glaubens gelebter Alltag. Neben der noch heute praktizierten Fastenzeit in Vorbereitung auf das Osterfest gab es etliche weitere Feste und Zeiten, zu denen auf unterschiedliche Weise gefastet und verzichtet werden sollte. So durfte nach dem christlichen Kalender noch im 19. Jahrhundert beispielsweise nur an 220 Tagen des Jahres überhaupt Fleisch verzehrt werden.

Gefastet wurde und wird in vielen Religionen. Christentum, Islam, Judentum oder Ostasiatische Religionen wie der Hinduismus – alle kennen eigene Fastengründe, -vorschriften und -auslegungen. Religiöse Gründe können sein: Seelenreinigung, Buße, Trauer, Askese, Abwehr von Bösem, Erlangung von Erlösung und Erleuchtung sowie die Vorbereitung auf besondere religiöse Ereignisse wie z. B. Feste. Daneben kann Fasten auch persönlichen Zielen wie der Steigerung von Wahrnehmung, Willenskraft und Selbstkontrolle dienen oder als Vorbereitung auf spezielle Herausforderungen hilfreich sein. Gewichtsreduktion und andere gesundheitliche Ziele bilden den dritten Fastenschwerpunkt, dazu später mehr.

Fasten aktuell – warum heute überhaupt noch verzichten?

Fasten erlebt auch in Deutschland in dieser Zeit wieder einen Aufschwung. Fasten Menschen, egal welcher Religion, seit jeher regelmäßig aus Glaubensgründen, interessieren sich aktuell zunehmend auch nicht-religiöse Menschen in unserem Land für das Thema. Gesundheitliche Fastenprogramme wie das Heilfasten gehören bei immer mehr Menschen zum Programm eines trend- und gesundheitsbewussten Lifestyles. Das belegen auch die Zahlen. Nach einer Umfrage von statista.com im Februar zum Thema Fastenzeit vor Ostern gaben 73 % der Befragten an, sie könnten sich vorstellen zu fasten. 60 % hatten sogar den konkreten Vorsatz, das Fasten umzusetzen. Worauf der einzelne Bundesbürger verzichten wollte, stellte sich unterschiedlich dar. Die Spitze mit 68 % bildete der Verzicht auf Alkohol, gefolgt von Süßigkeiten (59 %) und Fleisch (39%). Auf TV und Rauchen wollten jeweils 34 % verzichten, auf Handy und Computer 23 % und auf das Auto immerhin noch 18 %.
In der Umfrage zeigen sich neben dem traditionellen Nahrungsmittelverzicht plötzlich neue Dinge, auf die man zu verzichten versucht. Dinge des normalen, westlichen Alltags, die so sehr zur Selbstverständlichkeit geworden sind, dass man sich gar nicht im Klaren darüber ist, dass es sich um verzichtbare Luxusgüter handelt. Neben Autos und Elektronikgeräten, die in der statista.com-Erhebung erfasst wurden, sind viele weitere Fastenideen möglich, die den kritischen Blick auf unseren täglichen Konsum schärfen und die Verschwendung von Ressourcen verdeutlichen. Ein tolles Beispiel: Die Initiative Plastikfasten von Anneliese Bunk. Die Gründerin von naturtasche.de und Co-Autorin des Bestsellers „Besser leben ohne Plastik“ hat auf ihrer Internetseite plastikfasten.info umfangreiche Themenwochen für die gesamte Fastenzeit zusammengestellt. Hier gibt es viele, viele Tipps zum Einsparen des Umweltsünders. Wer mag, kann auch einen Vortrag zum Thema besuchen. Eine tolle, nachhaltige Idee!

Doch warum machen wir das alles eigentlich? Warum sich etwas absparen, wenn doch alles in Hülle und Fülle günstig zur Verfügung steht? Eine sprunghafte Christianisierung unseres Landes ist vermutlich nicht der Grund auf die trendigen Verzichtsvorhaben, vielmehr sind die Gründe anderweitig zu sehen. Die christliche Fastenzeit vor Ostern bietet einen guten Aufhänger und ermöglicht das Verzichten in einer Gemeinschaft von Fastenden. Darüber hinaus ist der Frühling aus gesundheitlichen Gründen eine sinnvolle und bewährte Fastenzeit, da der Körper mit dem Erwachen der Natur und dem neuen Frischkostangebot von den im Winter angesammelten Schadstoffen aus üppigen Schlemmereien befreit wird. Aber die Gesundheit ist nur ein Grund, der in unserer heutigen Gesellschaft wieder Menschen vermehrt zum Fasten bringt. Fasten ist Entschleunigung in einer schnelllebigen, stressigen Welt. Es kann den Körper auf vielfältige Weise entgiften und reinigen und dabei helfen, wieder mehr Achtsamkeit für sich selbst zu entwickeln.

Die Gesundheit im Visier: Heilfasten

Seit Langem ist bekannt, dass Fasten neben religiös-spirituellen Gründen auch der Gesundheit dienlich sein kann. Die Anhänger des gesundheitsorientierten Fastens erhoffen sich eine Reinigung und sogenannte Entschlackung des ganzen Körpers, der von Giften befreit wird. Das soll die Immunabwehr stärken und kann Krankheiten lindern und angeblich sogar vorbeugen. Beispiele sind Bluthochdruck und Diabetes. Doch welches der etlichen Wellness-Fastenmodelle kommt für mich in Frage? Vielleicht nur Suppe oder Milch mit Semmeln? Oder gar eine Woche Saftfasten? Die bei weitem bekannteste und beliebteste Fastenmethode ist hierzulande das Heilfasten nach der Methode des Arztes Otto Buchinger (1878 bis 1966). Die Kur dauert etwa eine Woche, kann in speziellen Kliniken jedoch unter Beobachtung bis zu einem Monat fortgesetzt werden. Es gibt nur Flüssiges wie Gemüsebrühen, verdünnte Obst- und Gemüsesäfte sowie Tees, die eine Versorgung mit lebensnotwendigen Vitaminen und Mineralstoffen gewährleisten sollen. Feste Nahrung sowie jegliche Genussmittel sind tabu. Ein weiterer, wichtiger Baustein des Heilfastens ist darüber hinaus die Darmreinigung. Abführen mit Glaubersalz soll den Darm von schädlichen Stoffen befreien und regenerieren.

Egal für welches Fastenmodell man sich entscheidet, gilt es einige wichtige Dinge zu beachten. Die Versorgung des Körpers mit essentiellen Nährstoffen ist wichtig, eine ausschließliche Wasser-Kur kann gesundheitsschädigende Effekte provozieren. Menschen, die erstmalig fasten, sollten es langsam angehen lassen. Eine ärztliche Beratung und Begleitung ist sinnvoll. Notwendig ist diese, wenn der Fastende bereits an Vorerkrankungen leidet. In manchen Fällen darf eine Fastenkur dann gar nicht oder nur unter bestimmten Auflagen und medizinischen Kontrollen durchgeführt werden. Wenn man aus Gründen der Gewichtsreduktion fastet, sollte man über eine generelle Ernährungsumstellung nach der Kur mit begleitendem Bewegungsprogramm nachdenken. Sonst kann schnell der gefürchtete Jo-Jo-Effekt eintreten.

Quelle: statista.com

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