Kaffee & Schokolade: Von der Pflanze zum Endprodukt

From Bean to Bean – Teil 1

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
istoc anyaberkut, istock FlavioConceicaoFotos

30 September 2016

Schokolade und Kaffee – bei diesem Foodpairing schlagen Genießerherzen höher! Die Unterschiede zwischen den beiden Genussmitteln sind groß, gleichzeitig haben die schwarz-braunen Aromenwunder aber auch etliche Gemeinsamkeiten. Grund genug, einen ganzen Themenmonat ausschließlich dem Thema Kaffee und Schokolade zu widmen. Zum Einstieg geht es heute bei uns um die Kaffeepflanze und den langen Verarbeitungsweg bis zum Endprodukt Bohnenkaffee.

Wir hangeln uns in den kommenden Wochen von „Bohne zu Bohne“ und werfen einen Blick auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kaffee und Schokolade, bzw. Kakao. Heute starten wir mit dem Herstellungsprozess und dem Endprodukt. Die Themen Genussgut und problematische Massenware werden uns im nächsten Teil beschäftigen, es folgen statistische Fakten, ein Kurzabriss der Kaffeegeschichte und schließlich einige lustige Anekdoten aus der Kaffeewelt. Spannend wird auch das Experteninterview, das euch u. a. Tipps zum richtigen Kaffeekauf liefert. Im Verlauf des Aktionsmonats erwarten euch darüber hinaus ein leckeres Rezept, eine Buchvorstellung und ein großes Gewinnspiel am Ende.

Herkunft und Herstellung – die zweieiigen Zwillinge Kaffee und Schokolade

Bei unserem Special „From-Tree-to-bar“, das die Entstehung von Kakao und Schokolade vom Baum an thematisiert, haben wir euch letztes Jahr mit reichlichen Informationen zum Kakaobaum versorgt. Eines seiner kleinen Geheimnisse: Die Tropenschönheit ist eine echte, exotische Diva, wenn es um Anbaubedingungen geht. Und das tut ihr die Kaffeepflanze Coffea, die es in unzähligen Unterarten als Sträucher oder Bäumchen gibt, gleich. Doch ist die Kaffeepflanze etwas genügsamer, weshalb sie in etwa 70 Ländern weltweit angebaut wird. Kakaoanbau kann nur in weniger als 50 Ländern betrieben werden. Wie beim Kakao gibt es nur wenige Sorten, die tatsächlich einen entscheidenden Anteil an der Produktion haben. Coffea Arabica und Coffea Canephora (Sorte Robusta) stehen den Kakaosorten Criollo und Forastero gegenüber. Die Mischung der Sorten, um besondere Aromen zu erzeugen, findet beim Kaffee im Anschluss an die Produktion in einem sogenannten Blend-Verfahren statt. Auch Kakao wird geblended. Aber es gibt auch bereits einen Blend in Baumform, die gekreuzte Sorte Trinitario.

Der Anbau der Kaffeepflanzen ist vergleichbar mit dem des Kakaobaums. Es gibt problematische Monokulturen mit ihren vielen, gestutzten Pflanzen – dazu später mehr. Aber auch zertifiziert nachhaltige Methoden mit ursprünglicher Mischkultur und Schattenpflanzen werden betrieben. Auf den großen Plantagen wird Kaffee maschinell geerntet. In den Anbaugebieten der Kleinbauernkooperativen entstehen hochwertigere Kaffees, die noch von Hand geerntet und sortiert werden.

Die weitere Verarbeitung der Kaffeekirschen zielt, ähnlich wie bei der Gewinnung von Kakaobohnen, darauf ab, das Fruchtfleisch (Pulpe) zu entfernen und die Bohnen haltbarer zu machen. Im Gegensatz zum Kakao gibt es beim Kaffee zwei unterschiedliche Methoden. Einfaches Trocknen mit anschließender Schälung kostet nur wenig Energie, bringt aber keine Spitzenkaffees hervor. Dazu bedarf es in der Regel der Nassaufbereitung, die Unmengen an Wasser verbraucht und ähnlich dem Kakao auf den Prozess der Fermentation setzt.

Bei der Röstung des Kaffees ist, wie beim Kakao, viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung des Rösters gefragt. Außerdem spielen Sorte, Qualität und viele weitere Faktoren mit in den Prozess hinein. Im Gegensatz zu Kakao hat sich beim Kaffee eine regelrechte Palette der unterschiedlichen Röstgrade herausgebildet, von ungeröstet hell bis stark geröstet schwarz (Italienische Röstung). Dazwischen liegen Zimt-, Amerikanische, Wiener und Französische Röstung.

Was steckt drin in den Bohnen?

Kaffee- und Kakaobohnen enthalten neben ihren enormen Aromenvarianzen, die sich hauptsächlich beim Fermentieren und Rösten bilden, eine Reihe weiterer, spezifischer Inhaltsstoffe, von denen Gesundheitsexperten in den letzten Jahren immer wieder in höchsten Tönen sprechen. Die Superfruit Kakao enthält das sagenumwobene Theobromin, Flavonole, Antioxidantien, Vitamine und herzgesunde Ballaststoffe. Mehr als nur ein Grund für die Verehrung als Göttertrunk bei den Maya oder als Arznei- und Kräftigungsmittel im Europa der letzten Jahrhunderte. Aber auch Kaffee kann da mithalten.  Der „schwarze Muntermacher“ wurde ebenfalls von Ärzten der Vergangenheit verschrieben und beflügelte mit seinen etwa 800 Inhaltsstoffen wie Antioxidantien, Mineralstoffen und Vitaminen die Patienten reihenweise. Das Wundermittel hier: Koffein. In Maßen genossen wirkt es wie Adrenalin, belebt den ganzen Körper und steigert die Konzentrationsfähigkeit. Doch bei Überdosierung und Koffeinkick drohen Unruhe, Herzklopfen und Übelkeit bis hin zur leichten Abhängigkeit. Auch Schokolade enthält übrigens Koffein, wenngleich in viel geringere Dosen. Bringt es eine ganze Tafel dunkle Schokolade mit ca. 50 % Kakaogehalt auf etwa 40 mg des Wachmacherstoffes, wartet ein kleines Tässchen Filterkaffe (150 ml) je nach Sorte schon mit 80 – 120 mg Koffein auf. Damit birgt Kaffee potentiell mehr Risiken als Schokolade, die aber auch gefährlich werden kann, wenn sie zum Beispiel von Tieren konsumiert wird.

Endprodukt in schillernder Variation

Ist das empfindliche Endprodukt Kaffee oder Schokolade nach langem Entstehungsprozess endlich fertig, gilt es auch schon wieder, es schnellstmöglich zu verzehren. Zwar gibt es lange Mindesthalbarkeitsdaten, doch der Aromen-Genießer weiß: Frisch ist am Besten! Ist dies bei Schokolade sehr simpel – einfach nur zubeißen! – muss Kaffee erst noch zubereitet werden. Hier liegt auch einer der größten Unterschiede zwischen Kaffee und Schokolade. Befindet sich letztere zumeist in festem Aggregatzustand, ist Kaffee flüssig und muss direkt heiß verzehrt werden. Ausnahmen bestätigen die Regel! Ist das Endprodukt Schokolade also direkt zum Verzehr bereit (es sei denn, man arbeitet als Chocolatier), kann man beim Kaffee selber noch an vielen Schrauben drehen, um das heiße Tässchen zu modifizieren. Frische Röstung und Mahlung garantieren maximale Aromen, Aufbrühmethoden von klassischem Filterkaffee über diverse Automatensysteme, verschiedene Espressogerätschaften und French-Press-Kannen bis hin zu Omas Handaufbrühung können dem Kaffee weitere, unzählige Geschmacksnoten entlocken. Mit dieser Freiheit des Konsumenten kann Schokolade leider nicht mithalten.
Gebunden an den flüssigen Zustand denkt sich Kaffee stets innovative Spielarten aus und begeistert seine Anhängerschaft mit immer neuen Varianten, zuletzt „Cold Brew“, Cascara / Quishar (Tee aus Kaffeschalen) oder Grünem Kaffee. Im Bereich Schokolade lässt sich aufgrund der festen Form künstlerischer agieren, Formen und Skulpturen spielen hier eine große Rolle. Verrückte Erfindungen, wie z. B. die Kakaoschnupfmaschine des Belgiers Dominique Persoone, stellen bisweilen den Kaffee-Zwilling in den Schatten.

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