Die Kakaofrucht

From-tree-to-bar, Teil 2

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
istock pierivb
EcoFinia GmbH

5 Februar 2016

Nachdem wir erfahren haben, wo der Ursprung des Kakaobaumes liegt, was seine Besonderheiten sind und wie er landwirtschaftlich genutzt wird, steht nun sein nutzbarer Ertrag im Mittelpunkt: die Kakaofrucht. Wie sieht sie aus, wie ist sie aufgebaut? Was kann man alles aus ihr gewinnen und wie wird sie geerntet? Auch auf Probleme, Stichwort Kinderarbeit, muss in diesem Zusammenhang eingegangen werden. Wie die Kakaofrucht dann anschließend bis zum Endprodukt Schokolade weiterverarbeitet wird, ist Thema in „From-tree-to-bar“ Teil 3 und 4.

Die Kakaofrucht – bunte Schönheit mit kostbarem Inhalt

Wie sich bereits im letzten Teil unseres „From-tree-to-bar“-Specials erwiesen hat, lässt sich sagen: Kakaobaum ist nicht gleich Kakaobaum. Durch die vielen Unterarten des Theobroma cacao und der Möglichkeit, durch Kreuzungen neue Sorten zu gewinnen, gibt es viele unterschiedliche Kakaosorten. Diese lassen sich grob unter den drei Hauptsorten Criollo, Forastero und Trinitario zusammenfassen. Daher ist es einleuchtend, dass sich die heiß begehrten Fruchterträge der Kakaobäume eben nicht ähneln wie ein Ei dem anderen. Allen Früchten ist gemein, dass sie – ein ungewöhnlicher und exotisch anmutender Anblick – direkt am Stamm des Kakaobaumes wachsen. Je nach Sorte, Anbaugebiet etc. können sie etwa 15 bis 25 cm lang werden, Prachtexemplare bringen es in Ausnahmefällen auch mal auf 30 cm. Eine reife Frucht kann ein Gewicht bis zu 500 Gramm erreichen und schillert, je nach Sorte, in den schönsten Farben. Sind die Kakaofrüchte unreif noch allesamt grün, verfärben sie sich mit der Reife in ein Farbspektrum, das von gelb / gelb-rot / orange über rot / rot­-braun bis hin zu violett reicht.

Die Einteilung von Kakao in die ursprünglichen zwei Hauptsorten Criollo und Forastero (die dritte Hauptanbausorte Trinitario ist eine Kreuzung aus beiden Sorten) wird anhand der Fruchtform und der Farbe der Kakaobohnen festgemacht. So kann man das Aussehen der Criollo-Früchte als etwa gurkenförmig beschreiben. Sie laufen spitz zu und haben auf ihrer rauen Oberfläche zehn Längsfurchen ausgeprägt. Im Gegensatz dazu sind die Forastero-Früchte breiter, haben keine Furchen und sind auf der Oberfläche relativ glatt. Sie erinnern eher an langgezogene Melonen. Auch die Farbe der Kakaobohnen weicht stark voneinander ab, denn Criollo-Samen sind weiß, Forastero-Samen violett.

Schneidet man die Kakaofrucht auf, wird man etwa 25 bis 50 Samen finden, die ca. 2 cm breit und 1 cm lang sind. Diese sind nicht lose im Fruchtfleisch verteilt, sondern in fünf Reihen gegliedert. Das Fruchtfleisch, die sogenannte Fruchtpulpe bzw. pulpa, umgibt jede Kakaobohne einzeln und ist manuell relativ schwer von ihr zu lösen. Im Weiterverarbeitungsprozess der Kakaobohnen wird die pulpa durch die Fermentation von den Kakaobohnen gelöst, wie im nächsten Teil unseres „From-tree-to-bar“-Specials zu lesen sein wird.

Die Kakaofrucht – liefert nicht nur Schokolade

Denkt man an das Endprodukt, das aus der Kakaofrucht gewonnen wird, haben die meisten Menschen hierzulande nur Schokolade im Sinn. Was sollte schließlich sonst noch aus dieser tropischen Frucht gewonnen werden? Die Antwort: eine ganze Menge! Aber nichtsdestotrotz ist Schokolade das unangefochtene Haupt-Endprodukt des Kakaobaums, der ohne dieses Ziel vermutlich nicht landwirtschaftlich genutzt würde. Dem Weiterverarbeitungsprozess bis hin zur Schokolade widmen wir uns in den nächsten Teilen von „From-tree-to-bar“.

Was kann uns also die Kakaofrucht neben zartschmelzender Schokolade noch in Aussicht stellen? Zunächst einmal sind Fruchtfleisch und Samen der Kakaofrucht auch ohne Weiterverarbeitung zu genießen, schlichtweg als Obst. Da es hierzulande aber extrem schwierig ist, an frische Kakaofrüchte zu kommen, ist das Essen von Kakaofrüchten relativ unbekannt. Die Früchte werden dazu der Länge nach halbiert und können dann direkt mit einem Löffel ausgelöffelt und verzehrt werden. Das Fruchtfleisch soll sehr frisch und fruchtig, leicht süßlich-sauer und mit dem von Lychees vergleichbar sein – leider bin ich noch nicht selbst in den Genuss gekommen. Die Samen sollen an den Geschmack von Bucheckern erinnern. Wenn man doch einmal das Glück hat, frische Kakaofrüchte im Handel zu bekommen, müssen sie zu Hause oft noch nachreifen. Wenn sie verzehrreif sind, springen sie auf.
In Ländern, in denen Kakao angebaut wird, ist der Verzehr der frischen Früchte hingegen allseits bekannt und beliebt, weil sie jede Menge Nährstoffe und Vitamine liefern. So sind sie vor allem bei Plantagenarbeitern eine ganz alltägliche Leckerei. Auch wird die Fruchtpulpe gerne als Getränk getrunken, wie etwa im „Suco de Cacau“ in Brasilien. Aus dem weiteren Verarbeitungsprozess hin zur Schokolade ergeben sich weitere „Abfallprodukte“, die wiederum genutzt werden können. Allen voran die sogenannten Kakaoschalen. Wenn die Kakaobohnen geröstet sind, werden ihre Schalen gebrochen, entfernt und in der Regel entsorgt. Seit einigen Jahren jedoch werden diese Schalen etwa für Tee genutzt. Aufgebrüht und zubereitet wie ein regulärer Tee schmeckt das Ergebnis kakaoähnlich, mit dem Vorteil, dass kaum Kalorien zu Buche schlagen. Eine weitere Verwendungsmöglichkeit: Mulch und Dünger aus Kakaoschalen. Die Schalen sind dekorativer als beispielsweise Rindenmulch, riechen toll, sollen sogar Ungeziefer, wie Schnecken, fernhalten und die Bodenqualität verbessern. Ein spannendes Produkt, das hier im VIVANI Schoko-Blog in Zukunft bestimmt noch einmal separat unter die Lupe genommen wird. Des Weiteren gibt es Studien zum Thema Kakaoschalen und Tiermast. Es wurde beispielsweise von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft herausgefunden, dass die Beimengung von Kakaoschalen und Kräutern zum Futter von Masthähnchen appetitanregend auf die Tiere wirken und so Antibiotikagaben verringern könnten.

Die Kakaofrucht – gefährliche Ernte

Der Kakaobaum trägt ganzjährig Blüten und Früchte, geerntet wird aber in der Regel nur zweimal im Jahr in einer sogenannten Haupt- und einer Nebenernte. Die reifen Kakaofrüchte werden von den Arbeitern mit langen Pflückmessern sehr vorsichtig von den Bäumen geschnitten. Sie dürfen auf keinen Fall den Baum an den Samenkissen verletzen, aus denen die Früchte gewachsen sind. Die Folge wäre, dass sich dort keine neuen Früchte mehr bilden könnten und Ausfälle bei der nächsten Ernte drohen. Ebenso, wie wenn man eine frische Kakaofrucht zum Verzehr erwirbt, müssen auch die Kakaobauern die Kakaofrüchte in der Regel im Anschluss an die Ernte einige Tage zum Nachreifen liegen lassen. Anschließend werden die Früchte mit Macheten halbiert und geöffnet, um Pulpe und Kakaobohnen für die Weiterverarbeitung zu entfernen. Auch bei diesem Arbeitsschritt ist Vorsicht und Präzision geboten, damit die Kakaobohnen mit den langen, scharfen Messern nicht berührt und beschädigt werden. Hier ist viel Erfahrung und Routine gefragt.

Stellt man sich ein derartiges Ernteszenario vor, wirkt es nicht besonders ungewöhnlich oder gefährlich. Bedenkt man jedoch, dass es sich bei den Erntehelfern, die mit den großen Macheten hantieren, in leider viel zu vielen Fällen um Kinder und Jugendliche handelt, wird das ganze problematische Ausmaß der Massenerzeugung von Kakao deutlich. Bereits seit Anfang unseres Jahrtausends mehren sich die Stimmen, die von Kinderarbeit und sogar Kinderversklavung in der Kakaoerzeugung berichten. Dabei sind vor allem die beiden westafrikanischen Länder Elfenbeinküste und Ghana betroffen, die mit einem Weltmarktanteil von etwa 70 % die Hauptproduzenten von Kakao überhaupt sind. So lange das Problem bekannt ist, solange gibt es auch immer wieder Initiativen und Projekte von Schokoladenherstellern und beteiligten Staaten, die sich der Bekämpfung dieser Missstände verpflichteten. Geändert hat sich leider seither immer noch nicht viel, im Gegenteil berichtet Spiegel Online 2015 sogar von einem weiteren Anstieg der Kinderarbeit in Westafrika. Die Arbeiten, die Kinder auf Kakaoplantagen verrichten müssen, sind sehr gefährlich. Neben dem Hantieren mit den Macheten, die ein enormes Verletzungsrisiko bergen, müssen sie viel zu schwere Lasten, wie etwa Säcke mit Kakaofrüchten oder Wasserbehälter, tragen. Auch kommen sie im konventionellen Anbau mit Pestiziden in Kontakt und sind insgesamt sehr schlecht versorgt und langen Arbeitstagen ohne Freizeit ausgeliefert. Die Gründe für die Kinderarbeit sind traditionell bedingt, da die Kakaobauern den Kindern die Arbeiten so vermitteln, wie sie selbst sie betreiben und nur wenig Gefahrenbewusstsein dabei haben. Hinzu kommen Probleme wie Armut, mangelnde Bildung und politische Unruhen, wie etwa der Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste, der seit 2002 immer wieder aufflammt.

Wichtig ist, dass Verbraucher sich mit der Thematik „Kinderarbeit und billige Schokolade“ kritisch auseinandersetzen. Ein Boykott von Schokolade löst das Problem nicht, wichtig ist, bei Herkunft und Erzeugungsart des Kakaos genau hinzuschauen. Orientierung liefern hierbei die gängigen Zertifizierungen wie Fairtrade oder UTZ – und auch das Bio-Siegel. Will man einigermaßen sicher sein, empfehlen sich Hersteller, die auf Kakao-Ursprünge aus Latein-Amerika zurückgreifen. Dortige Kakaonationen wie die Dominikanische Republik – das Bio-Kakao-Exportland Nummer 1 – gelten bislang nicht als Risiko-Länder. Verbraucher sollten bereit sein, für ein gutes Produkt – Schokolade zählt ja per Definition ohnehin zu den Luxusartikeln – auch mal ein wenig mehr auszugeben. Nur so kann die Talfahrt des weltweiten Kakaopreises, die den Teufelskreis der Kinderarbeit antreibt, langfristig gestoppt werden.

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