Der Kakaobaum
Eine tropische Diva

From-tree-to-bar, Teil 1

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
EcoFinia GmbH |
Alexander Kuhlmann

11 November 2015

Wir lieben Schokolade - aber wie werden aus der Kakaofrucht eigentlich die Endprodukte Schokolade und Kakao? Das umfangreiche Themenspecial „From-Tree-To-Bar“ geht dieser Frage in vierteiliger Serie nach. Den Anfang macht der Kakaobaum. Weiter geht's mit der Kakaofrucht, gefolgt von den Kakaobohnen samt ihrer Weiterverarbeitung. Abschließend beschäftigt uns dann die Frage, was passiert, wenn sich die Türen der Schokoladenfabrik hinter den Kakaobohnen schließen… Eine Reihe mit vielen Informationen und neuen Einblicken in die Welt der Schokolade.

Der Kakaobaum – eine tropische Schönheit

Schokolade wächst zwar nicht auf Bäumen, aber die Hauptzutat für Schokolade, der Lieblingssüßigkeit Nummer 1 vieler Menschen, wächst ursprünglich tatsächlich auf Bäumen. Die Kakaobohnen kommen also, wie soll es anders sein, vom Kakaobaum. Dieser tropische Baum aus der Familie der Malvengewächse trägt den wissenschaftlichen Namen „Theobroma cacao L.“. Das „L.“ steht für den großen schwedischen Botaniker und Naturwissenschaftler Carl von Linné, der sich eingehend mit dem Kakaobaum beschäftigte und ihm den Namen Theobroma cacao verlieh. Dieser aus dem Griechischen entlehnte Name lässt sich in etwa mit „Götterspeise Kakao“ übersetzen und geht zurück auf die geschichtlichen Ursprünge des Baumes, der bei den Azteken, Mayas und anderen Völkern Mittel- und Südamerikas verehrt und früh kultiviert wurde. Wir haben bereits im VIVANI Chocolate Journal über einige Legenden aus dieser Zeit berichtet.

Das Aussehen des Kakaobaumes ist unverwechselbar und sehr exotisch. Es handelt sich um einen tropischen Unterholzbaum, der nur einen sehr dünnen Stamm von ca. 20 cm Durchmesser hat und etwa 10 bis 15 Meter hoch werden kann. Auf vielen Plantagen wird ihm diese Höhe aufgrund der komfortableren Ernte der Früchte jedoch verwehrt, weshalb er auf 2 bis 4 Meter gestutzt wird. Die Blätter sind groß und lang (bis 35 cm), glatt und erinnern etwas an einen Gummibaum. Aber seine wahre Schönheit offenbart der Kakaobaum, wenn es um seine Blüten und Früchte geht, die beide jeweils direkt am Stamm wachsen und farbenprächtig erstrahlen. Die Stammblütigkeit, Kauliflorie genannt, wirkt faszinierend und lässt die Kakaobäume bei ihrer vollen Reife mit etwa 10 bis 12 Jahren mit bis zu 100.000 (!) Blüten jährlich erstrahlen! Die kleinen Blüten haben eine gelblich-weiße oder rötliche Färbung und bilden sich das ganze Jahr über neu. Das ist auch der Grund, weshalb sich häufig Blüten und Früchte gleichzeitig am Kakaobaum befinden.
Die faszinierenden Blüten erfahren eine Steigerung in den großen, farbenprächtigen Kakaofrüchten, die von gelb über rot bis hin zu violett alle erdenklichen Schattierungen aufweisen können. Um den Umfang nicht zu sprengen, erfahrt ihr alles über die Kakaofrucht, ihre Ernte und Verwendungsmöglichkeiten im baldigen zweiten Teil unseres „From Tree to Bar-Specials“.

Der Kakaobaum – eine tropische Diva

In Fachkreisen hat der Theobroma cacao längst einen Ruf als Diva unter den Gewächsen. Wenn die Anbaubedingungen nicht stimmen, muss entweder ein schlechter Ertrag oder der Griff zur Chemiekeule in Kauf genommen werden (letzteres kommt für uns natürlich nicht in Frage!). Insgesamt gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren. So ist grundsätzlich ein Anbau nur in tropischen Regionen möglich, die idealerweise etwa bis um den jeweils 10º nördlicher und südlicher Breite liegen. Ab 23º nördlicher und südlicher Breite tragen Kakaobäume keine Früchte mehr. Auch die Temperaturen müssen stimmen, nicht unter 16 ºC, nicht über 35 ºC, ebenso der Niederschlag, der gleichmäßig sein und mindestens 100 mm pro Monat betragen muss. Bei zu großer Trockenheit verwelken die empfindlichen Kakaofrüchte. Schließlich ist noch zu beachten, dass der Kakaobaum in Äquatornähe nur bis zu einer maximalen Höhe von etwa 1.000 Metern gedeiht.

Da es sich beim Kakaobaum um ein Schattengewächs handelt, ist ein ausreichender Sonnenschutz besonders wichtig. Dieser wird durch den gleichzeitigen Anbau von Schattenpflanzen erreicht. Da in diesem Fall die Kakaobäume nicht so dicht gepflanzt werden können wie in Monokulturen, werden häufig Schattenspender verwendet, die ebenfalls Erträge liefern, wie z. B. Bananen oder Ölpalmen. Durch einen derartigen Anbau, der zumeist von Kleinbauern betrieben wird, sind die Kakaobäume weniger anfällig und bedürfen in der Regel keines Pestizideinsatzes. Somit eignet sich diese Anbauform insbesondere für die ökologische Erzeugung von Kakao, die aufgrund des höheren Kakaopreises die geringeren Erträge der Bauern wieder ausgleicht. Eine Weiterentwicklung dieser Anbauform ist das Agroforstsystem, das neben unterschiedlichen Schattenbäumen auch andere Nutz- und Bodenpflanzen in den Kakaoanbau integriert und dadurch die Gesamterträge für die Bauern noch verbessert.
Problematisch wird es beim Thema Monokulturen. In großen Plantagen, hauptsächlich in Afrika und Asien, stehen die Kakaobäume dicht gedrängt, wodurch sich Schädlinge und Krankheiten sehr schnell verbreiten. Chemie und Dünger müssen zum Einsatz kommen, um Schädlinge abzutöten und ausgelaugte Böden aufzubereiten. Dies alles hat einen sehr negativen Einfluss auf die Umwelt, Menschen und Tiere in der Umgebung. Um die Erträge zu steigern, wird in Monokulturen auch auf Schattenbäume verzichtet. Als Ersatz kommen häufig Netze zum Einsatz, die zusätzlich Tiere fernhalten. Weil in Monokulturen häufig die Mücken wegfallen, die die Blüten bestäuben, wird in der Regel künstlich von Menschhand bestäubt. Denn: Auf natürlichem Wege entstehen nur aus 5 % der Kakaoblüten reife Früchte, das sind jährlich etwa zwischen 20 und 30 Früchte, maximal jedoch 50 bis 60.

Ein Kakaobaum braucht viele Jahre bis er die ersten Erträge liefert. Zeigen sich erst nach 2 bis 3 Jahren die ersten Blüten, muss ein Kakaobauer insgesamt sogar 5 bis 6 Jahre auf seine erste Ernte warten. Nach 25 Jahren gehen die Erträge des Kakaobaumes zurück, weshalb er auf Plantagen dann durch neue, junge Bäume ersetzt wird.

Der Kakaobaum – ein tropischer Exportschlager

Kakaobäume gibt es in vielen verschiedenen Unterarten, im Laufe der Geschichte entstanden durch Kreuzungen tausende Sorten. Der Ursprung des Kakaobaumes wird in Mittel- oder Südamerika vermutet, wobei sich die Wissenschaftler noch um die genaue Ursprungsregion streiten. Was jedoch klar ist: Der Kakaobaum lässt sich grob in drei Hauptsorten unterteilen, den Criollo, den Forastero und den Trinitario. Der Criollo wächst in Mittel- und Südamerika und ist als sogenannter Edelkakao die Basis für sehr feine, aromatische Schokoladen mit hohem Kakaoanteil. Die Sorte ist sehr empfindlich und liefert nur geringe Erträge. Der Weltmarktanteil liegt um die 10 %. Der Forastero ist als billiger „Konsumkakao“ bekannt und stammt zumeist aus Westafrika. Der Geschmack ist herber und dient eher zur Herstellung von Milchschokoladen und Kakaopulver. Da die Forastero-Bäume nicht so anfällig sind, liefern sie hohe Erträge. Der Weltmarktanteil liegt bei 70 %. Der Trinitario vereint als Kreuzung der beiden anderen Sorten ihre positiven Eigenschaften: Kräftiges aber feines Aroma und geringe Anfälligkeit. Der Trinitario ist mit etwa 20 % auf dem Weltmarkt vertreten.

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