20 Jahre »eve«
das Bio-Magazin

20 Jahre eine starke Stimme für Bio - Chefredakteurin Martina Gatzka im Interview

Text:
Alexander Kuhlmann

Photography:
© Territory
© Martina Gatzka

25 April 2022

Hätte man den Kritikern von Printmedien vor 10 Jahren Glauben geschenkt, gäbe es heute keine erfolgreichen Printmagazine mehr. Die Realität sieht anders aus. Zum Glück. Auch wenn die Zeiten herausfordernd sind - man nehme nur die hohen Papierkosten - gibt es Magazine, die sich über die Jahre erfolgreich behaupten konnten und nach wie vor eine hohe Akzeptanz genießen. Ein gutes Beispiel ist das Bio-Magazin »eve«, das dieser Tage sein stolzes 20-jähriges Jubiläum feiert. Was hinter dem Erfolg steckt, verrät uns Chefredakteurin Martina Gatzka im Interview.

VIVANI

Liebe Frau Gatzka, 20 Jahre eve - das ist eine ganze Menge und in der heutigen Printmagazin-Landschaft nicht selbstverständlich. Was ist das Geheimnis des Erfolgs?

Martina Gatzka

Das ist wahr – und wir müssen uns selbst manchmal zwicken. Der Schlüssel für die lange erfolgreiche Arbeit ist aus meiner Sicht, dass wir das Magazin von Anfang an mit und für den Naturkostfachhandel konzipiert haben. Ein weiterer ganz wichtiger Faktor ist, dass wir intern ein starkes multidisziplinäres Team haben – von der Redaktion über die Grafik bis zur Anzeigenvermarktung, das zum einen über eine hohe Fach- und Branchenexpertise verfügt und sich zum anderen als Dienstleister für die Bio-Branche versteht. Alle arbeiten gemeinsam dafür, dass jede neue Ausgabe wieder die tollste und kreativste wird, die wir jemals gemacht haben. Die Vielfalt ist unsere Stärke.

VIVANI

Für alle, denen die eve (noch) nichts sagt: Wo bekommt man das Magazin und welche Mehrwerte bietet es?

Martina Gatzka

Die »eve« stützt sich auf ein besonderes, seit 20 Jahren etabliertes Vertriebssystem. 17 führende Bio-Großhändler wie dennree, Weiling, Pural und Die Regionalen liefern das Magazin mit ihren Warenlieferungen an Bio-Läden und Bio-Supermärkte. Insgesamt sind es etwa 2.300 Bio-Läden, in denen die »eve« alle zwei Monate ausliegt. Unser Ziel mit der »eve« ist es, neue Fans für Bio zu gewinnen. Daher bieten wir bewusst einen leichten Einstieg in die zum Teil wirklich komplexen Themen der Bio-Branche. Nicht jeder hat sich z.B. schon mit Themen wie der Ökozüchtung oder der Bedeutung von Humus im Boden beschäftigt. Wir erklären die Zusammenhänge verständlich und erzählen zudem all die Geschichten, die hinter den Produkten stehen, also all das, was nicht auf die Verpackungen passt, aber unbedingt erzählt werden sollte. Ganz zentral ist aber natürlich, dass wir den Leser:innen konkrete Tipps für einen nachhaltigen Lebensstil und eine gesunde Ernährung liefern. Und das Ganze sieht auch noch lecker aus.

VIVANI

Wenn wir über die Historie des Magazins sprechen, müssen wir natürlich auch auf die Anfänge blicken. Erzählen Sie doch mal, wie ging alles los und wie verliefen die ersten Jahre?

Martina Gatzka

Vor zwanzig Jahren war ich selbst noch nicht dabei, aber wie mir unsere Geschäftsführer Stefan Postler erzählte, sind damals zwei Fachleute aus dem Bio-Umfeld mit der Idee eines rein anzeigenfinanzierten Magazins auf uns zu gekommen. Der damalige Leiter des Bereichs, Jan Egel, hat dann ein Konzept und einen ersten Dummy entwickelt. Stefan Postler selbst hat damals dennree als Vertriebspartner gewonnen. Und dann sind wir gestartet und haben uns kontinuierlich weiterentwickelt.

VIVANI

Gab es in den letzten 20 Jahren Zeiten, in denen die Zukunft der eve gefährdet war? Was waren die besonderen Schlüsselmomente der vergangenen zwei Dekaden?

Martina Gatzka

Zu Beginn waren wir als Agentur sicher die Exoten in der Branche. Im Laufe der Jahre sind viele persönliche Beziehungen zu den Unternehmer:innen und den Mitarbeitenden der Bio-Marken gewachsen. Das ist bis heute die Basis für den Erfolg und für gute Geschichten. Ich habe viele Kolleg:innen, die schon lange im Team und wirklich nah am Markt sind. Das ist ein großer Schatz. Dann kann man gut auf aktuelle Entwicklungen reagieren und wichtige Themen und Trends aufgreifen. Ein Schlüsselmoment war sicher noch einmal unser Relaunch vor dreieinhalb Jahren, den ich von Anfang an begleiten und mitgestalten konnte. Hier haben wir dem Magazin ein neues zeitgemäßes Gesicht gegeben. Aktuell beschäftigen wir uns sehr damit, die Idee des Magazins neben Print auch digital weiterzudenken.

VIVANI

Sie sind jetzt seit drei Jahren als Chefredakteurin für das Magazin verantwortlich. Was macht ihnen am meisten Spaß, wo sehen Sie die größten Herausforderungen?

Martina Gatzka

Ich habe Landschafts- und Freiraumplanung an der Uni Hannover studiert, weil ich Umweltschutz machen wollte. Über Umwege bin ich zum Journalismus gekommen und habe in der Agentur u.a. Gartenthemen bearbeitet, Neukonzepte entwickelt und Teamleitungsaufgaben übernommen. Seit drei Jahren darf ich redaktionell den Bereich Sustainability Communication verantworten, in dem wir zum einen die Eigenpublikationen eve und natürlich erstellen aber auch Bio-Kundenprojekte wie die das Magazin KREO für den BioMarkt Verbund betreuen. Mit diesem Schritt hat sich der Kreis geschlossen, es war wie ein Nachhausekommen. Hier kann ich mein Fachwissen mit dem journalistischen know how verbinden und treffe auf Menschen, die die gleichen Ziele teilen. Das ist großartig! Für die Bio-Branche zu arbeiten macht Sinn. Und was gibt es Besseres als eine sinnstiftende Arbeit. Das trägt auch meine Kolleg:innen im Team. Eine der Herausforderungen, vor der wir, aber auch die Partner:innen im Fachhandel stehen ist die, dass für die Endkunden der Unterschied zwischen Bio im Fachhandel und Bio im Discounter oder Lebensmitteleinzelhandel immer schwerer zu erkennen und begreifen ist. Diese Unterschiede deutlich zu machen, ist unser Ziel. Und natürlich spüren auch wir – wie die Branche – die Verknappung und Verteuerung von Rohstoffen. Bei uns betrifft das ganz konkret die Preise für Papier.

VIVANI

Geben Sie uns doch mal einen kleinen Einblick in ihren Redaktionsalltag. Wie sieht eine typische Arbeitswoche bei Ihnen aus?

Martina Gatzka

Oh, die ist sehr bunt. Es wird nie langweilig. Das liegt daran, dass wir ja in so viele Bereiche hineinschauen können. Wir bekommen Infos und News von den Bio-Unternehmen – sei es über Pressemitteilungen und in den direkten Gesprächen auf den Messen – aber seit der Pandemie auch regelmäßig digital. Dieser Austausch ist ein echtes Pfund. So können wir frühzeitig Trends erkennen. Beim Thema Lieferketten waren wir z.B. sehr früh und haben das schon vorletztes Jahr thematisiert. Und wir treiben uns rum. Wir fahren zu den Unternehmen oder zu Anbaupartnern. Auch dort finden wir dann wieder neue Geschichten. Im Team überlegen wir dann, was sich für eine Geschichte in der »eve« eignet, wie der Fokus sein soll und welche Partner wir z.B. für ein Interview oder Statements anfragen. Gemeinsam mit der Grafik gießen wird dies dann in neue Storys für die Leser:innen.

VIVANI

Sie bilden mit der eve eine spannende Schnittstelle zwischen Bioladen-Kund:innen und Bio-Herstellern. Was in der eve als hip gilt, wird wahrscheinlich auch öfters im Bioladen des Vertrauens gekauft. Gab es schon einmal die Situation, dass sich Leser:innen bei Ihnen über einen schlechten Produkttipp beschwert haben?

Martina Gatzka

Ich finde es sehr spannend zu sehen, auf welche Artikel oder Meldungen wir Rückmeldungen bekommen. Das sagt ja viel über das aus, was die Kund:innen des Bio-Fachhandels gerade bewegt. Immer wieder bekommen wir Briefe, warum wir überhaupt noch Rezepte mit Avocados oder auch mit Fleisch zeigen. Manche Lebensmittel polarisieren sehr stark. Wir sind bewusst kein veganes Magazin sondern greifen auch Themen rund um eine artgerechte Tierhaltung auf – und präsentieren auch passende Produkte und Rezepte. Wichtig ist uns auch hier, die Vorteile der ökologischen Landwirtschaft aufzuzeigen und die Leser:innen zu befähigen für sich zu entscheiden.

VIVANI

Sprechen wir über die eve, müssen wir selbstverständlich auch über das „Schwestermagazin“ – die natürlich – sprechen. Was unterscheidet die beiden Magazine voneinander?

Martina Gatzka

Ja, unbedingt, denn die »natürlich« feiert auch ein Jubiläum. Unsere Magazin für den Reformwarenfachhandel gibt es jetzt auch schon 15 Jahre. Auch hier haben wir mit dem Relaunch das Profil noch einmal geschärft und die Optik als auch das Themenspektrum noch spitzer auf die Zielgruppe ausgerechnet. Das hat dem Magazin gutgetan. Mit der natürlich sind wir auch am Kiosk, in ausgewählten Arzt- und Heilpraktikerpraxen und Kliniken vertreten und bei Online-Magazinplattformen wie Readly erhältlich. So gewinnen wir neue Kund:innen für den Reformwarenfachhandel. Meine Kollegin Jessica Pankoke hat vor zwei Jahren hier die Chefredaktion übernommen und prägt das Magazin heute mir ihrer Persönlichkeit.

VIVANI

Am Ende haben Sie doch bestimmt noch eine witzige Anekdote aus der Redaktion für uns auf Lager?

Martina Gatzka

Vielleicht keine witzige Anekdote aber eine sehr Schöne: Wir nennen das den Bio-Moment. Wir erleben diesen immer wieder, wenn neue Kolleg:innen zu unserem Team dazustoßen oder wir innerhalb der Agentur Territory mit Kolleg:innen anderer Teams zusammenarbeiten. Dann kommt irgendwann dieser Satz: »Das macht so viel Sinn. Eigentlich kann man nur noch Bio kaufen. Und am besten im Bio-Laden.« Genau! Bio überzeugt einfach oder anders gesagt: Bio ist ansteckend! Das zu sehen und zu erleben, finde ich schön.

Vielen Dank an Martina Gatzka für diese spannenden Einblicke.

Das VIVANI-Team gratuliert von Herzen zum. 20. Geburtstag und wünscht dem »eve« Magazin und all den lieben Menschen, die dahinter stecken, noch viele weitere erfolgreiche Jahre. ♥

 

www.eve-magazin.de

www.natuerlich-magazin.de

 

medienfabrik Gütersloh Territory Gütersloh natürlich Magazin Reformhaus Magazin eve Magazin 20 Jahre eve Jubiläum eve Magazin Fachmagazin Bio Magazin Biohandel