Ein Gespräch mit Bio-Koch Sebastian Copien

Die Rückbesinnung auf das "Lebens"mittel

Text:
Alexander Kuhlmann

Photography:
© Hansi Heckmair, Südwest Verlag

29 August 2014

Sebastian Copien ist einer der gefragtesten Akteure, wenn es um nachhaltige Küche geht. Der gebürtige Münchner ist ein Allrounder, der seine Leidenschaft für gutes Essen auf vielen Kanälen auslebt. Liebevoller Umgang mit Zutaten, regionaler Einkauf, vegane Ernährungsalternativen - Sebastian Copien verfolgt eine Mission. Und über diese erzählt er uns im Interview, in welchem er sich nebenbei als großer VIVANI-Fan outet...

VIVANI

Sie haben uns verraten, dass Schokolade bei Ihrer Arbeit kaum wegzudenken ist. Was macht für Sie eine gute Schokolade aus? Worauf achten Sie besonders?

Sebastian Copien

ine gute Schokolade muss für mich neben dem geschmacklichen Bereich auch in Sachen qualitative biologische Rohstoffe und auch gute und faire Produktion punkten. Es muss für mich im ganzheitlichen Sinn einfach eine runde Sache sein, die schmeckt, dem Körper gut tut und von der die Bauern, die Konsumenten als auch die Produzenten gleichermaßen profitieren. Zur fairen Produktion gehört auch die Abschaffung von Kinderarbeit, das ist ein Punkt, der mir sehr wichtig ist. Genauso auch die gesundheitliche Seite und die Inhaltsstoffe, denn ich möchte Schokolade essen, die auf unnötige Industriemittelchen wie Lezithine verzichtet. Genau wie ihr das eben auch macht. Was den Geschmack angeht, so ist das ganz einfach: sie muss mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

VIVANI

Ihre ultimative Lieblingsschokolade besteht aus…?

Sebastian Copien

Das ist für mich wirklich schwer zu beantworten, da es so viele verschiedene wundervolle Sorten gibt. Für mich ist der Schmelz und das Mundgefühl entscheidend. Die „Dunkle Nougat“ von euch ist da ein glanzvolles Beispiel. Ich mag es auch, wenn andere Texturen ins Spiel kommen wie bei der Croccante Version der „Dunkle Nougat“.

VIVANI

Sie sind ein erfolgreicher Koch, waren unter anderem das ein oder andere Mal im TV zu sehen. Gekocht wird ausschließlich fleischlos. Was gab den Ausschlag?

Sebastian Copien

Wie bei den meisten war der ausschlaggebende Punkt wahrzunehmen, wie heutzutage ohne Menschlichkeit Fleisch in Massen produziert wird und welcher Schaden auf vielen Ebenen dadurch angerichtet wird. Wenn man einmal anfängt bewusst und auch mit dem Herzen hinzusehen, ist die Richtung recht schnell klar. Das Interessante für mich als Koch war dann vor allem zu sehen, wie einfach es ist, wirklich ganz wundervollen und komplexen Geschmack ohne tierische Produkte, also vegan, zu erzeugen. Mein Ansatz ist hier also immer die positive Seite – der gute Geschmack und die Freude beim Essen. So gehe ich auch alle meine Kochkurse und Seminare ganz undogmatisch an.

VIVANI

Für die Zubereitung Ihrer Gerichte greifen Sie ausschließlich auf Bio-Erzeugnisse zurück. Warum?

Sebastian Copien

Ich möchte mich einfach so natürlich wie möglich mit Lebensmitteln ernähren, die diesen Namen auch verdient haben und meiner Umwelt wie auch mir selbst etwas Gutes tun. Das mache ich in meiner Arbeit und für mich privat mit großer Freude. Der nette Nebeneffekt ist ganz nebenbei wieder der bessere Geschmack, denn selbst wenn die Karotte aus meinem Garten ein bisl krumm ist und halt nicht aussieht wie vom Fließband ist der Geschmack einfach nur unbeschreiblich. Dazu kommt noch, dass durch die Verwendung biologischer Produkte auch mehr Verantwortung der Umwelt gegenüber übernommen wird. Das fängt bei weniger Pestiziden an und hört bei genmanipulierten Produkten auf. Hier muss ich allerdings noch dazu sagen, dass in meinen Augen nicht alles, was Bio ist auch glänzt. Letztendlich kommt es auch auf die persönliche Einstellung des Bauern oder Produzenten an. Für meinen Münchner Kochschul-Garten habe ich ja z.B. auch kein Bio Siegel, außer Sonne, Regen und ein paar Kräuterjauchen sehen meine Pflänzchen aber nichts anderes. Das Maximum an natürlicher und biologischer Anbauweise sozusagen.

VIVANI

Beschäftigt man sich mit Sebastian Copien, stechen Begriffe wie „Natürlichkeit“, „Saisonalität“ und „Regionalität“ besonders hervor. Warum sind Ihnen diese Aspekte wichtig?

Sebastian Copien

Wenn man sich mit Bio und natürlicher Ernährung beschäftigt, sollte man in meinen Augen einfach etwas weiter denken. Für mich ist es z.B. irrsinnig zur Weihnachtszeit Erdbeeren oder Tomaten zu kaufen. Egal ob Bio oder nicht. Das meinte ich ja gerade eben, das Biosiegel ist nicht gleichzeitig ein moralischer Freifahrtschein für den Konsumenten. Ich denke, dass es für jeden Menschen als auch für die Umwelt am besten ist, sich zum Großteil mit Lebensmitteln zu ernähren, die in der nahen Region zur momentanen Saison wachsen und so natürlich wie möglich produziert worden sind.

Dabei schließe ich in meiner Ernährung aber exotische Produkte, die bei uns nicht wachsen, nicht kategorisch aus. Ich esse z. B. unglaublich gerne Mangos, Papaya etc. Diese beziehe ich aber meist nur im Winter, wenn die regionale Versorgung klimatisch bedingt nur Lagerobst bereitstellen kann. Genauso wachsen bei uns keine Cashewkerne, Datteln oder Kakao-Früchte die ich alle regelmäßig esse und auch verarbeite. Diese Lebensmittel sind einfach eine passende Unterstützung zu dem so wundervollen Angebot unserer lokalen Bauern und Gärtnereien.

VIVANI

Stichwort Regionalität: Glauben Sie an die Zukunft der Wochenmärkte?

Sebastian Copien

Da glaube ich sehr fest dran. Was gibt es denn Schöneres als an Wochenmärkten mit bunter Auswahl oder über Bio und Ökokisten beste Lebensmittel, die mit Herz und Verstand in der Region produziert wurden, einzukaufen. Wenn ich unterwegs oder im Ausland bin und mitbekomme, dass es einen Wochenmarkt gibt, können Sie sicher sein, dass ich da vorbeischaue.

VIVANI

Investigativem Journalismus sei dank, werden in letzter Zeit Lebensmittelskandale und Methoden der Verbrauchertäuschung gehäuft aufgedeckt. Was war für Sie die bislang größte Sünde im Lebensmittelbereich?

Sebastian Copien

Ich finde es gut und extrem wichtig, dass in letzter Zeit immer mehr in dieser Richtung aufgedeckt wird und es auch Menschen, Vereine und Stiftungen gibt, die sich darum bemühen, mehr Licht in dieses Thema zu bringen. Eine größte Sünde der Industrie kann ich Ihnen aber nicht nennen, denn ich versuche für mich einfach den Fokus immer auf die positive und lebendige Seite zu geben. Das mache ich mit der Arbeit in meinem Garten und meiner Art und Weise mit Lebensmitteln umzugehen und diese respektvoll zu verarbeiten. Und genau das versuche ich in meinen Kursen weiterzugeben.

VIVANI

Was meinen Sie, muss sich in den Köpfen der Verbraucher ändern?

Sebastian Copien

Gar nicht viel. Ich stelle immer wieder fest, dass Lebensmittel für die Menschen oft nur Konsumprodukte sind, zu denen einfach kein Bezug mehr besteht. Es liegt ja alles im Supermarktregal. Man konsumiert und wirft weg. Das Wichtigste, das sich ändern muss, ist, dass wir Verbraucher erkennen, dass man seine Nahrung selber zubereiten muss. Nur so ist es möglich, wieder einen wirklichen Bezug zum Lebensmittel und somit zur Qualität, zur Natürlichkeit und zur eigenen Ernährung bekommen. Verändert sich dieses Verhalten, verändert sich die Nachfrage und somit auch die Industrie.

VIVANI

Sie geben Kochkurse, bieten Ernährungscoachings an, beraten Hotels und Gastronomien inpuncto vegane Küche, sind Buchautor und Gemüsegärtner – an kreativen Ideen scheint es Ihnen nicht zu mangeln. Wie könnte der nächste Schritt in Ihrer Vita aussehen?

Sebastian Copien

Ja, an kreativen Ideen mangelt es wirklich nicht, eher oftmals an der Zeit, diese umzusetzen. Ich habe da schon eine gewisse Vision, wo es für mich die nächsten Jahre hingeht. Das Kernthema ist dabei allerdings das gleiche wie jetzt auch und darüber bin ich sehr dankbar, denn ich habe viel Freude an dem, was ich mache. Seit Mai diesen Jahres habe ich auch endlich 5 Gehminuten von meiner Münchner Showküche, in der ich die Kochkurse und Seminare abhalte, einen wundervollen Garten gefunden, den ich im Sinne der Permakultur bewirtschafte. Dort baue ich auf 12 Hoch und 2 Hügelbeeten bestes Gemüse und Kräuter für meine Kurse an solange der Vorrat reicht. Danach habe ich schon seit Jahren gesucht und bin total happy, dass es endlich geklappt hat. Bei diesem Garten schließt sich bereits ein wenig der Kreis. Vom Samen im Boden über die Pflanze, die Ernte und den Kochtopf zu einem wundervollen Essen das Körper und Geist gleichermaßen gut tut.

Ansonsten gibt es viele spannende Projekte die gerade in der Umsetzung sind und es werden noch mehr kommen. Im Moment setze ich viel Fokus auf Rezeptentwicklung und Kochvideos von denen in Zukunft viele kommen werden. Der Youtube-Kanal steht und wird ab September regelmäßig befüllt mit neuen Rezepten oder Basisküchen Tricks der meiner veganen Küche.

VIVANI

In Ihrer Heimatstadt München betreiben Sie außerdem eine eigene Kochschule. Was nimmt man bei Ihnen am Ende eines Kurses mit?

Sebastian Copien

Das, was ich am meisten vermitteln möchte, ist die Freude am Kochen und an den wundervollen pflanzlichen Lebensmitteln, die uns zur Verfügung stehen. Ein buntes Paradies an Farben, Formen und Geschmäckern das unübertrefflich ist. Mir macht das Kochen zusammen mit Menschen einfach unglaublich viel Freude und seit diesem Jahr finden die Kurse auch in meiner neuen Küche in München statt die keinen Wunsch mehr offen lässt. Neben den Gruppenkochkursen mache ich dort auch die Gastronomieschulungen und Team-Kochevents. Genauso kann man die Location aber auch für Tagungen und andere Veranstaltungen mieten.

VIVANI

Im Christian-Verlag ist kürzlich Ihr aktuelles Kochbuch „Grün in allen Farben“ erschienen. Der Titel fasst die Essenz der knapp 200 Seiten bereits sehr gut zusammen. Was gibt es noch zu diesem Werk zu sagen?

Sebastian Copien

„Grün in allen Farben“ ist ein ganz besonderes Buch für mich, denn es ist mit viel Herzblut durch die Zusammenarbeit mit 3 guten Freunden (Hansi Heckmair, Leopold Loitfelder und Oli Weikamp) entstanden. Es hat einen ausführlichen Theorieteil, in dem es um viele der hier besprochenen Themen geht, kombiniert mit vielen Tipps und Tricks aus meiner alltäglichen Arbeit in der Küche. Das Feedback, das ich am meisten bekomme, ist, dass jedes Gericht leicht von jedem Menschen nachgekocht werden kann, weil ich sehr viel Wert auf eine detaillierte Beschreibung gelegt habe. Es sind Gerichte für jeden Anlass im Buch, bei denen Fleischliebhaber genauso wie Vegetarier und Veganer geschmacklich auf ihre Kosten kommen. Mein nächstes Buch ist auch fast fertig, es wird im März 2015 beim Christian Verlag erscheinen und das erste Buch passend erweitern.

VIVANI

Sie sind in Ihrem Leben schon viel herumgekommen. Wo hat es Ihnen am besten gefallen und welche Inspirationen konnten Sie für Ihre Arbeit gewinnen?

Sebastian Copien

Es gibt einige Plätze, die mein Herz erobert haben. Ich bin durchs Wellenreiten ganz gut rumgekommen und muss letztendlich immer wieder feststellen, dass ich mich am Meer mit guten Wellen am meisten wohl fühle. Ecuador, Neuseeland und Portugal sind da ganz vorne dabei auf meiner Liste. Irgendwie hat mich jedes Land auch für meine Küche inspiriert. Wenn ich im Ausland bin, sauge ich förmlich die Landesküche mit den typischen Geschmäckern und Düften auf und baue sie dann auf meine Weise in meine Gerichte ein. Dadurch entstehen einfach besondere Gerichte mit dem gewissen Etwas, die mir Freude beim Essen und Genießen machen. Und das ist immer meine oberste Richtlinie. Es muss mir schmecken und Freude machen.

VIVANI

Spontan. Auf welches schokoladige Gericht hätten Sie gerade Lust?

Sebastian Copien

Auf eine Schokocreme-Torte. Die habe ich nämlich vorhin gerade mit eurer Reisschokolade gebacken und ist jetzt ausreichend durchgekühlt. Sojafrei und vegan, ein Traum. Das Rezept gibt’s aber erst im Kochbuch nächstes Jahr…

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