Skurrile Schokoberufe | Verrücktes aus der Schokowelt

Im Jobcenter der verrückten Schokoladenberufe

Text:
Katharina Kuhlmann

Photography:
Etruscan Chocotel Perugia

18 August 2017

Heute wird es bei uns besonders seltsam. Wir haben uns gefragt: Wenn man kein Chocolatier, Konditor oder Süßwarentechnologe ist – gibt es eigentlich noch weitere schokoladige Betätigungsfelder, durch die man seiner Wertschätzung für die zartschmelzende Süßigkeit Ausdruck verleihen kann? Wir haben uns umgeschaut und festgestellt: Oh ja, da gibt es allerlei verrückte Schokoladen-Jobs abseits des Standards. Lasst euch inspirieren und werdet zukünftige Schokoladen-Doktoren, Schokokünstler oder vielleicht High-Tech-Chocolatiers....

Doktor der Schokolade in Bristol

Seine Leidenschaft Schokolade zum Beruf machen – Chocolatiers, Süßwarentechnologen und Konditoren können ein Lied davon singen. Doch im englischen Bristol wird derzeit eine ordentliche Schüppe draufgelegt, hier werden Doktoren der Schokolade ausgebildet! „Metagenomic Studies of the Microbiota of Fermented Cacao Beans – Application for the Chocolate Industry“ – so lautet der lange Titel des dreijährigen Studiengangs, der die Teilnehmer mal eben schlappe 14,296 Pfund Studiengebühren im Jahr kostet. Doch hier geht es nicht um den professionellen Genuss von Schokolade, knallharte Mikrobiologie steht auf dem Programm. DNA und Fermentationsprozesse verschiedener Kakaosorten werden erforscht und analysiert, um der Schokoladenindustrie wichtige Erkenntnisse zu liefern. Wer nicht mindestens ein Grundlagenstudium der Mikro- und Molekularbiologie vorweisen kann, ist raus. Ein sicherlich spannender Studiengang und Job – für einen erlauchten Kreis.

Schokoladentester

Wer also nie eine Schoko-Einstein werden wird, der sollte es vielleicht als professioneller Schokoladentester versuchen. Der US-Megakonzern Mondelez, der unter anderem die Marken Milka, Cadbury und Oreo verkauft, sorgte zu Beginn des Jahres mit seiner Stellenausschreibung für „Chocolate and Cocoa Beverage Tasters“ für mediales Aufsehen. Innerhalb der ersten 24 Stunden bewarben sich schon über 1.500 Personen für den Job mit angenehmen 7,5 Stunden Arbeitszeit wöchentlich. Die nötigen Qualifikationen waren recht schwammig formuliert, so sollte man z. B. in der Lage sein, Produkte zu erschmecken und diese ehrlich und objektiv zu bewerten. Das kann ich auch, dachten da wohl noch mehr, weshalb binnen kurzer Zeit schon 4.000 Bewerbungen vorlagen. Daher ging`s ab in ein dreitägiges, schokoladenhartes Assessment-Center mit jeweils zweieinhalbstündiger Gaumenfolter in Form von Schoki. Achtung, akutes Jobrisiko von Karies und Übergewicht drohen!

Schoko-Hotelier

Über Schokoladenhotels hört man immer öfter. Sie bieten ihren Gästen einen durchkonzeptionierten Aufenthalt im Schoko-Look. Von Schokoladen-Menüs, Schoko-Wellness, hoteleigenem Schokoshop bis hin zum schokoladig dekorierten Zimmer werden alle Naschträume wahr. Beispiele: Das Etruscan Chocohotel in Perugia. Hier begegnen einem allenthalben schokoladige Überraschungen, z. B. essbare Teppiche und Bilder in der Choco Sweet Suite. Die englische Schokoladenkette Hotel Chocolat hat ebenfalls ein Hotel. Das gleichnamige Luxus-Etablissement auf der Karibik-Insel Santa Lucia bietet schokoladige Südseeträume und Einblicke in den Ursprung des Kakaos auf der hauseigenen Plantage. Bilder aufhängen kann jeder, dachte sich auch das New Yorker Luxushotel Bryant Park in Manhattan und ließ kurzerhand in Kooperation mit dem belgischen Chocolatier Godiva den Künstler Larry Abel ans Werk. Er erschuf zwei Jahre in Folge eine komplett essbare Suite, vom Sofa bis zum Gemälde an der Wand. Verrückt!

Schokoladen-Aktionär

Als Börsenspekulant mit Schokoladenaktien fette Gewinne einfahren? Die eben genannte englische Kette Hotel Chocolat macht es nach ihrem Börsengang 2016 möglich. Bereits Jahre zuvor machte das Unternehmen Schlagzeilen, als es Schokoladenanleihen in Millionenhöhe herausgab. Die 7 % Zinsen bekamen die Gläubiger in Form von Pralinen und edlen Trüffeln ausbezahlt. Ob auf solche Dividenden auch die Aktionäre hoffen dürfen? Wohl eher nicht.

Schokokünstler

Die Schokolade als Medium der Kunst ist eigentlich der Ursprungsgedanke jedes Chocolatiers. Doch neben exklusiven Pralinenkreationen oder kleinen Schokofiguren tanzen echte Schokokünstler durch ein Mehr an Extravaganz aus der Reihe. Es gibt Schoko-Raumgestalter, wie den oben genannten Larry Abel. Oder Chocolatiers werden zu bildenden Künstlern und erschaffen großformatige Skulpturen und Gebilde, wie etwa der vielleicht beste Chocolatier Frankreichs Patrick Roger. Lebensgroße Skulpturen oder die 15 Meter lange Berliner Mauer aus 900 kg Kakao – alles ist möglich!
Und welcher Schokokunst-Student macht uns den nächsten Dieter Roth? Der Schweizer Künstler ist der Exot der Schokoladenkunst-Szene schlechthin und kann zukünftigen Avantgardisten ein echtes Vorbild sein. Neben vielen weiteren skurrilen Dingen, wie etwa Schimmelskulpturen, erschuf Roth auch mit Schokolade Kunstwerke und ließ Vergänglichkeit und andere Lebewesen mitgestalten. Der 1968er Klassiker „A portrait of the artist as Vogelfutterbüste” ist eine unter Mitwirkung von Vögeln geschaffene Gartenskulptur. Der Grund: Eingearbeitetes Vogelfutter inspirierte die kleinen Gefiederten zum gestalterischen Picken. Aber auch viele weitere Schokoladeninstallationen und Werke erschuf der Künstler.

Anzeige auf dem Gangsterjobmarkt: Schokomafia

Wenn es mit Zigaretten und Drogen mal nicht klappt, warum nicht einfach mal mit Schokolade? So dachte sich vermutlich auch ein Mafiaclan aus der Nähe von Rom, der 2015 hochgenommen wurde. Neben Marihuana, Heroin und Pflanzen aus den Niederlanden hatte sich die Bande mit 250 Tonnen geraubter Schokolade der Marke Lindt ein neues Geschäftsfeld erarbeitet. Wert der 2014 in Italien gestohlenen und anschließend dort und in den Nachbarländern veräußerten, süßen Ware: mehr als 7 Millionen Euro. Dieser Berufsweg ist nun jedoch definitiv auf dem absteigenden Ast und kann aufgrund der akuten Gefahr von schwedischen Gardinen nicht empfohlen werden.

Chocolatier 2.0 – Schokoladendrucker und iPhone als Jobrevolution?

Die technische Entwicklung macht natürlich auch vor der Schokoladenbranche nicht halt. Doch welche Zusatzqualifikationen muss ein Chocolatier in Zukunft erwerben, welche Fortbildungen durchlaufen? Wird der Chocolatier 2.0 ein Technikprofi, der mit Palette und Pralinengabel nicht mehr viel anfangen kann? Wir haben euch schon über die seltsamen Schokoladendrucker berichtet. Das Unternehmen Choc Edge entwickelte den ersten seiner Art, mittlerweile gibt es diverse Hersteller. Die Schlaraffenland-Maschinen nehmen dem Chocolatier viel Arbeit ab. Sie kreieren filigrane Muster und Aufleger, erschaffen ganze Skulpturen, bannen Selfies in Schokolade und belohnen seit neustem sogar Sportler nach ihrer Leistung mit individuellen Schoko-Leckerlis. Eigentlich kann sich dann auch der Confiseur entspannt zurücklehnen, denn Lebensmitteldrucker erschaffen mittlerweile ganze Sahnetorten im Alleingang. Auch bei der Herstellung in der Schokoladenfabrik muss strenggenommen niemand mehr anwesend sein. Wie die amerikanische Schokolade TCHO vormacht, reicht dem Süßwarentechniker demnächst wohl das iPhone aus, um alle Produktionsprozesse bequem vom Sofa aus zu steuern und zu kontrollieren.
Wir hoffen, dass uns der „echte“ Chocolatier trotzdem noch lange erhalten und seine Hightech-Weiterentwicklung eine dystopische Zukunftsvison bleibt… 

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